Beabsichtigte Einreise des Würzburger Bischofs
28. August 1973
Information Nr. 858/73 über die beabsichtigte Einreise des katholischen Bischofs Dr. Josef Stangl aus Würzburg nach Meiningen, [Bezirk] Suhl
Dem MfS wurde bekannt, dass der Weihbischof des Apostolischen Administrators in Erfurt und Meiningen,1 Karl Ebert,2 beim VPKA Meiningen einen Antrag auf Einreise des Würzburger katholischen Bischofs Dr. Stangl, Josef3 geboren am [Tag, Monat] 1907 für den 15.9.1973 gestellt hat.
Diese Einreise soll anlässlich der am 15.9.1973 erfolgenden kirchlichen Weihe von Ebert erfolgen, der durch den Vatikan am 23.7.1973 zum Weihbischof des Apostolischen Administrators in Erfurt und Meiningen ernannt worden ist. Mit gleichem Datum erfolgte durch den Vatikan die Ernennung von drei Apostolischen Administratoren in der DDR, wodurch – wie im entsprechenden vatikanischen Anschreiben ausgedrückt – die Jurisdiktion (Rechtssprechung) der Bischöfe von Fulda, Würzburg, Paderborn und Osnabrück für ihre in der DDR gelegene Diözesanteile suspendiert wurde.4
(Kirchenrechtlich unterstanden bis zu diesem Zeitpunkt die Kommissariate Schwerin, Magdeburg, Erfurt und Meinigen westdeutschen Bischöfen.)
Allen westdeutschen Bischöfen, die einen Anteil ihres Kirchenbereiches im Gebiet der DDR hatten, war aus grundsätzlichen Erwägungen die Einreise in die DDR bisher verwehrt worden.
Es handelt sich dabei um
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Kardinal Jäger, Lorenz5 – Paderborn, ehemals Anteil Magdeburg,
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Bischof Dr. Bolte, Adolf6 – Fulda, ehemals Anteil Erfurt,
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Bischof Dr. Stangl, Josef – Würzburg, ehemals Anteil Meiningen,
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Bischof Dr. Wittler, Helmut7 – Osnabrück, ehemals Anteil Schwerin und
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Kardinal Döpfner, Julius8 – Vorsitzender der westdeutschen Bischofskonferenz.
Nach Ernennung von Apostolischen Administratoren in der DDR, die durch den Vatikan mit allen Rechten und Pflichten eines residierenden Bischofs ausgestattet wurden, besteht für die ausgesprochene Einreisesperre keine sachliche Begründung mehr.
Offensichtlich soll durch den für Bischof Stangl gestellten Einreiseantrag die grundsätzliche Haltung der zuständigen DDR-Organe getestet werden.
(Die Kardinäle Döpfner und Jäger beabsichtigen ebenfalls noch im Jahre 1973 Besuche in die DDR.9)
In Anbetracht der neu eingetretenen Situation wird gebeten, eine grundsätzliche Entscheidung zu fällen, wie im Falle Dr. Stangl und bei zukünftig erfolgenden Einreiseanträgen zu verfahren ist.