Einleitung 1973
Einleitung 1973
Irina Stange
1. Das Jahr 1973: Ein historischer Überblick
Die erste Hälfte der 1970er-Jahre ist sowohl von vielen Zeitgenossen in der Bundesrepublik als auch in der Rückschau als eine Zeit des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels beurteilt worden.1 Besonders das Jahr 1973 sticht dabei hervor aufgrund einer Häufung globaler Krisen in einem einzigen Jahr wie dem Militärputsch in Chile am 11. September 1973 oder dem »Jom-Kippur-Krieg« gegen Israel und der daraus resultierenden Ölkrise im Herbst des Jahres 1973. Hinzu kamen die Beendigung des Krieges und der Truppenabzug der US-Regierung aus Vietnam sowie die sogenannte Watergate-Affäre des US-amerikanischen Präsidenten Richard Nixon, die die USA in eine tiefgreifende Verfassungskrise stürzte. Im Winter 1973/74 folgten schließlich auf die Ereignisse im Nahen Osten eine Rezession in den USA und Großbritannien sowie eine weltweite Wirtschaftskrise.
Innerhalb des Ostblocks waren auch die sowjetischen Satellitenstaaten von politischen und wirtschaftlichen Krisen betroffen. Ereignisse wie der »Prager Frühling« 1968 in der Tschechoslowakei oder der »Dezember-Aufstand« 1970 in Polen hatten die sozialistischen Regime unerwartet erschüttert. Die SED-Führung fürchtete noch Jahre nach diesen Ereignissen ähnliche Unruhen in der DDR. Das Jahr 1973 war für die SED hingegen außenpolitisch ein Erfolgsjahr, denn die Prozesse der internationalen Entspannung und der deutsch-deutschen Annäherung mündeten in die Ratifizierung des »Grundlagenvertrages«.2 Er legte die Basis für die von der SED seit Langem ersehnte internationale Anerkennung der DDR. Mit Inkrafttreten des »Grundlagenvertrages« nahmen die Bundesregierung und die DDR-Regierung Verhandlungen über die Einrichtung ständiger Vertretungen im jeweils anderen Land auf. Dem deutsch-deutschen Vertragswerk folgte schließlich im September 1973 die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die UNO. Infolgedessen erkannten rund 70 Staaten die DDR offiziell als souverän an.3 Parallel dazu trat die Entspannungspolitik im geteilten Europa in eine neue Phase. Im November 1972 war die »Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa« (KSZE) mit ihrer ersten Verhandlungsrunde in Helsinki ins Leben gerufen worden. Sie sollte die bis dahin geschlossenen bilateralen Verträge auf eine multilaterale Basis stellen. Sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR waren hier vertreten. Dabei kam nicht nur den KSZE-Verhandlungen selbst eine große Bedeutung innerhalb der internationalen Entspannungsprozesse zu, auch die Kontakte und Gespräche am Rande der Verhandlungen waren für die bis dahin weitgehend isolierte DDR willkommene Gelegenheiten, die Aufnahme wirtschaftlicher oder diplomatischer Beziehungen mit anderen europäischen Mächten zu eruieren. Im Juli 1973 traten die KSZE-Verhandlungen in die zweite von insgesamt drei Phasen ein.
Erich Honecker, der seit zwei Jahren an der Spitze der SED stand, inszenierte sich als der unumschränkt starke Mann in der DDR. Der Tod seines Vorgängers Walter Ulbricht am 1. August 1973 fand hingegen öffentlich kaum Widerhall. Das Ableben des früheren SED-Parteichefs ging im Trubel der »Weltfestspiele der Jugend und Studenten« nahezu unter. Diese Weltfestspiele, die vom 28. Juli bis 5. August 1973 nach 22 Jahren zum zweiten Mal in der DDR-Hauptstadt stattfanden, inszenierte die SED-Führung als propagandistischen Höhepunkt des Jahres. Inmitten der internationalen Entspannungsprozesse sollten sie die DDR als weltoffen, tolerant und friedliebend präsentieren. Damit fügte sich die SED-Propaganda nahtlos in die internationalen Friedensbeteuerungen aus der Sowjetunion ein. Dort veranstaltete die KPdSU im Oktober 1973 einen »Weltkongress der Friedenskräfte« in Moskau, um sich als global führende Friedensmacht zu präsentieren.
Die Vereinbarungen des »Grundlagenvertrages« mündeten 1973 in eine Reihe von Neuregelungen im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen der DDR und der Bundesrepublik bzw. Westberlin. So erweiterte die SED-Führung die Besuchsmöglichkeiten für Bundesbürger erheblich, wodurch sich die Einreisezahlen aus der Bundesrepublik 1973 verdoppelten.4 Ab dem 5. Juli 1973 war ein Tagesaufenthalt bis 24 Uhr möglich und es trat ein erleichtertes Einreiseverfahren für das grenznahe Gebiet in Kraft.5 Zudem erweiterte die SED-Führung die Besuchsmöglichkeiten von DDR-Bürgern in nichtsozialistischen Staaten und Westberlin in »dringenden Familienangelegenheiten«.6 Da allerdings nur nahe Verwandte zu familiären Großereignissen wie Geburten oder Hochzeiten und besonderen Ehejubiläen sowie aus schwerwiegenden Gründen, etwa bei lebensgefährlichen Erkrankungen oder Todesfällen von Angehörigen, und nur unter Vorlage eines schriftlichen Nachweises Besuchsanträge stellen konnten, war der Kreis der berechtigten Personen klein. Damit blieb die SED-Führung weit hinter den Erwartungen vieler DDR-Bürger zurück, die auf deutliche Reiseerleichterungen im Zuge der deutsch-deutschen und internationalen Entspannung gehofft hatten.
Infolge dieser Reise- und Grenzabkommen nahmen 1973 zwar die deutsch-deutschen Kontakte zu, doch auch die Zahl der Fluchtversuche von Ost- nach Westdeutschland erhöhte sich.7 Denn enttäuschte Hoffnungen auf Reiseerleichterungen, neue Fluchtwege über die seit 1972 vereinbarten Transitstrecken8 oder engere Kontakte zu westdeutschen Angehörigen konnten zu einer Verstärkung des Wunsches nach dauerhafter Ausreise führen. Insbesondere die Abwanderung von Fachkräften ohne Ausreisegenehmigung, vor allem von Ärzten und medizinischem Personal, stieg bis Mitte 1973 stark an. Ein medial groß inszenierter Schauprozess vom 30. Oktober bis 5. November 1973 am Stadtgericht von Ostberlin gegen drei gefasste Fluchthelfer wegen »staatsfeindlichen Menschenhandels« sollte ein Exempel statuieren und weitere Fluchtwillige abschrecken.9
Zugleich zielte Honeckers neuer Politikansatz der »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik«10 darauf ab, die Lebensbedingungen sowie den materiellen Wohlstand und damit die allgemeine Zufriedenheit der Bevölkerung zu steigern. Dies sollte wiederum eine Erhöhung der Arbeitsmotivation und damit vor allem der Arbeitsproduktivität bewirken.11 Ab 1972 sanken die Arbeitszeiten und Mieten, erfolgten Rentenerhöhungen und die Einführung flächendeckender Kindertagesbetreuung. Zudem sollte das im März 1973 vom SED-Politbüro beschlossene »Wohnungsbauprogramm« bis 1990 den allgemeinen Wohnraummangel in der DDR beseitigen. Im Zuge dessen entstanden landesweit großflächig Neubauten in Plattenbauweise – bis September 1973 allein rund 300 000 neue Wohnungen.12
Zugleich erhöhte sich der Druck auf diejenigen, die sich dem staatlichen Anpassungszwang entzogen. Denn gesellschaftliche, wirtschaftliche oder kirchenpolitische Konflikte im Innern der DDR sollten keinesfalls den außenpolitischen Entspannungskurs beeinträchtigen. Im Fokus standen 1973 daher vor allem die christlichen Kirchen in der DDR, die um ihre Position in der sozialistischen Gesellschaft rangen. Gleichzeitig gewannen sie als international breit vernetzte Vermittlungspartner 1973 kurzzeitig eine neue politische Bedeutung für die SED-Führung.
2. Ausgewählte Themenfelder der Berichte
Die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) befanden sich 1973 in einem Dilemma. Denn ihre Sicherheitsvorstellungen widersprachen einer internationalen Öffnung der DDR, insbesondere gegenüber der Bundesrepublik. Ein- und Durchreisebestimmungen, Handels- und Wissenschaftskooperationen, zunehmende Ost-West-Kontakte sowie internationale Veranstaltungen und Zusammenkünfte erschwerten eine aus Sicht vieler MfS-Mitarbeiter notwendige Abschottung der DDR-Bevölkerung gegen die Einflüsse »des Gegners« in Westdeutschland und den USA. Die Berichtsthemen spiegeln diese Sorgen deutlich wider. Denn von den insgesamt 330 edierten Inlandsinformationen des Jahres 1973 der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) berichten mehr als die Hälfte über grenzüberschreitenden Reiseverkehr und Grenzvorfälle wie Fluchten, ungesetzliche Grenzübertritte von West nach Ost, Steinwürfe über oder Beschädigungen an Grenzanlagen. Weitere zentrale Berichtsthemen lassen sich unter die Bereiche Kirchen (35 Berichte) sowie Wirtschaft und Industrie (24 Berichte) subsummieren. Zudem gibt es im Jahrgang 1973 eine gesonderte Berichtsreihe mit eigener Nummerierung zu den Ereignissen während der Weltfestspiele in Ostberlin. Der Tod des einstigen ersten Mannes in der SED, Walter Ulbricht, am 1. August 1973 während der X. Weltfestspiele war den ZAIG-Mitarbeitern hingegen nur eine Information wert.13
2.1 Die Welt zu Gast in Ostberlin – die Weltfestspiele
In das Konzept der weltpolitischen Öffnung fügte sich die Ausrichtung der »Weltfestspiele der Jugend und Studenten« vom 28. Juli bis 5. August 1973 in Ostberlin nahtlos ein. Ganz im Zeichen der Entspannung war die DDR-Hauptstadt zum Austragungsort ernannt worden. Hier sollten im Sommer 1973 im Sinne einer »Manifestation für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft«14 neun Tage lang nationale und internationale Delegationen zusammenkommen. In gemeinsamen Wettkämpfen würden sie gegeneinander antreten, über den Erhalt des Friedens diskutieren und sich im Rahmen vielfältiger kultureller Veranstaltungen kennenlernen.15 Die internationalen Gäste sollten »in Berlin eine weltoffene Stadt vorfinden […], die für den freien Austausch von Meinungen und Informationen ein gutes Klima bietet«.16
Vor und während des Festivals sollte nichts dem Zufall überlassen bleiben. Gemeinsam mit dem Ministerium des Innern (MdI) und dem Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) hatten MfS-Mitarbeiter monatelang minutiös an einem Sicherheitskonzept gefeilt.17 Die Absicherung der Weltfestspiele sah dabei nicht nur einen Einsatz im Großraum Ostberlin vor, sondern sie erstreckte sich auf die gesamte DDR. Denn »[a]n keiner Stelle darf etwas Ernstes passieren«.18 Insgesamt sollen rund 27 000 MfS-Mitarbeiter im Einsatz gewesen sein.19 Dennoch lag der Fokus zweifellos auf Ostberlin, das auch in der täglichen ZAIG-Berichterstattung an die Partei- und Staatsführung während des Festivals im Zentrum stand.20
Alle DDR-Delegierten waren eingehend überprüft worden um sicherzustellen, dass sie »von ihrer bisherigen Entwicklung und Haltung her weitgehende Gewähr dafür bieten, unsere Republik würdig zu vertreten«. Ausgeschlossen wurden Personen, deren Überprüfung aus Sicht der MfS-Mitarbeiter Hinweise auf »mangelnde politische Zuverlässigkeit, dekadentes Auftreten oder unmoralisches und rowdyhaftes Verhalten« erbracht hatten.21 Vorbeugende Maßnahmen wie Verhaftungen, die Anweisung von Arbeitsmaßnahmen oder die Verweigerung der Festivalteilnahme sollten das Fernbleiben von Personen garantieren, die bereits im Vorfeld als potenzielle »Störenfriede« ausgemacht worden waren.22 Die MfS-Mitarbeiter wollten jegliche den Ablauf der Weltfestspiele beeinträchtigende Zwischenfälle unterbinden. Insbesondere Provokationen durch jugendliche Besucher standen im Fokus. In den täglichen ZAIG-Berichten über den Verlauf der Weltfestspiele finden sich zahlreiche Berichte über Randale oder Belästigung bis hin zu Körperverletzung von Festivalteilnehmern durch zumeist alkoholisierte Jugendliche.23
Während die Mitarbeiter der Staatssicherheit und der Volkspolizei ganz im Sinne der SED unliebsame Teile der eigenen Bevölkerung zu einem großen Teil im Vorfeld ausschlossen, gestaltete sich dies bei den eingeladenen internationalen Besuchern schwieriger. Wer kommen würde, ließ sich nicht exakt vorhersagen, da ganz im Zeichen der propagierten Weltoffenheit vor allem kurzfristig Einreiseerlaubnisse erteilt wurden.24 Vom 20. Juli bis 10. August 1973 galten für ausländische Teilnehmer weniger restriktive Grenzkontrollen sowie keine zeitlichen oder örtlichen Beschränkungen.25 Diese von der SED-Führung für die Zeit der Spiele eingeräumten Erleichterungen26 erschwerten den DDR-Sicherheitskräften die umfassende Planung eines Sicherheitskonzepts.27 Die ZAIG berichtete bereits zu Beginn des Monats Juli u. a. an Erich Honecker und die KGB-Außenstelle in Berlin-Karlshorst, dass bislang rund 23 000 Einreisen aus der Bundesrepublik, aus Westberlin und aus anderen nichtsozialistischen Staaten genehmigt worden seien. Zu erwarten sei allerdings, dass während des Festivals mindestens weitere rund 135 000 Personen erst unmittelbar vor ihrem Grenzübertritt eine Einreisegenehmigung beantragen würden.28 Besonders die Tatsache, dass »im Prinzip für die Teilnehmer Meinungs- und Redefreiheit« gewährt werden sollte, wie es in einem MfS-internen Hinweispapier hieß, versetzte die Staatssicherheit in höchste Alarmbereitschaft. MfS-Mitarbeiter rechneten damit, dass die »breite Palette vielfältiger Meinungen und Auffassungen« nicht nur »zum Ausdruck kommen«, sondern »aufeinanderprallen werde […]«.29
Insbesondere die Zusammensetzung der bundesrepublikanischen Delegation verfolgten die MfS-Mitarbeiter genau. Nach Informationen des Auslandsgeheimdienstes, der Hauptverwaltung A (HV A), gingen sie davon aus, dass zahlreiche politische und gesellschaftliche Gruppierungen aus der Bundesrepublik und Westberlin versuchen würden, »die Weltfestspiele für die Propagierung und Verbreitung ihrer feindlichen Theorien, Ideologien und Ansichten auszunutzen und zu missbrauchen«.30 Erstmals wollten sich zahlreiche Jugendverbände der Bundesrepublik an einer Delegation zum DDR-Festival beteiligen.31 Unter den 791 westdeutschen Delegierten befanden sich auch Angehörige parteinaher Jugendorganisationen.32 Wie zahlreiche Inlands- und Auslandsberichte des Jahrganges zeigen, planten nach MfS-Informationen politische Gruppierungen wie die SPD-nahen »Jungsozialisten«, die CDU-nahe »Junge Union« sowie KPD/ML-nahe Organisationen Störaktionen wie die Auslösung von politischen Diskussionen auf öffentlichen Plätzen und Veranstaltungen oder Flugblattverteilungen.33 Waren konkrete Vorhaben bekannt, wurden Personen auch an den Grenzübergangsstellen zurückgewiesen.34 So berichtete die ZAIG von mehr als 303 Einreiseverweigerungen während des Festivals an den Grenzübergangsstellen.35 Damit ließen sich jedoch nicht alle Zwischenfälle vorbeugend vermeiden. Die SED-Führung bereitete sich deshalb mit speziell geschulten Funktionären vor allem aus den Reihen der FDJ auf organisierte Gegenreden vor.36 Ihr Einsatz bildete eine wesentliche Säule des Sicherheitskonzeptes der Aktion »Banner«, wie die interne Bezeichnung für die MfS-Festivalplanungen lauteten. Unter den FDJ-Mitgliedern befanden sich auch getarnte MfS-Mitarbeiter, deren verdeckte Einsätze sicherstellen sollten, dass »jedes offene Eingreifen von Sicherungskräften, besonders die Anwendung repressiver Maßnahmen« vermieden wurde.37
Die Planungen gingen auf, denn das MdI meldete noch am Abend des 6. August, dass »[d]er Anfall von Straftaten in der Hauptstadt […] während des gesamten Verlaufes der X. Weltfestspiele gering« gewesen und »[s]chwere Straftaten […] nicht bekannt« geworden seien.38 Auch der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke bilanzierte einen Tag nach Abschluss des Festivals, dass die für die Sicherheit zuständigen Kräfte »unter komplizierten Bedingungen und unter hoher physischer und psychischer Belastung eine vorbildliche Arbeit« geleistet und ihren Sicherungsauftrag »allseitig und unter allen Lagebedingungen […] erfüllt« hätten.39 In der Rückschau bejubelte die SED-Führung mehr als 1 500 erfolgreich durchgeführte Veranstaltungen, die von rund acht Millionen Gästen aus 134 Ländern besucht worden seien. Sie zeigte sich zufrieden und feierte das Festival später als »hervorragendes internationales Ereignis und ein[en] große[n] politische[n], ideologische[n] und organisatorische[n] Erfolg«.40
Die ZAIG arbeitete während der Weltfestspiele auf Hochtouren und erhielt eigens für den Zeitraum des Großereignisses einen zeitweiligen operativen Einsatzstab. Hier sollten alle eingehenden Informationen zur Aktion »Banner« ausgewertet werden. Zudem waren in der ZAIG seit 25. Juli drei Einsatzgruppen im Drei-Schicht-System tätig, die die Informationen an die Partei- und Staatsführung vorbereiteten, die Berichterstattungen des Auslands zu den Weltfestspielen auswerteten und den ständigen Kontakt zum Zentralen Operativstab (ZOS) aufrechterhielten.41 Darüber hinaus unterstützten insgesamt zehn Mitarbeiter der ZAIG in 24-Stunden-Schichten seit dem 24. Juli den ZOS, um hier gemeinsam mit Delegierten aus den Bezirksverwaltungen und des ZOS rund um die Uhr über die Lage während des Festivals zu berichten. Sowohl die Einsatzgruppen in der ZAIG als auch des ZOS waren in die Fertigung und Verteilung der gesonderten Berichtsreihe von zwölf einzeln nummerierten ZAIG-Informationen »über Probleme und Vorkommnisse der Sicherheit und Ordnung« während des Festivals eingebunden. Diese täglichen Berichte gingen u. a. an den Abteilungsleiter für Sicherheitsfragen beim ZK der SED Herbert Scheibe, den Innenminister Friedrich Dickel und die KGB-Außenstelle in Berlin-Karlshorst. Sie enthielten von den ZOS-Lagegruppen ausgewählte Sofort- und Ergänzungsmeldungen. Außerdem flossen Informationen aus den Lageberichten des MdI und des MfNV ein.42 Die ZAIG-Informationen der gesonderten Berichtsreihe zu Vorkommnissen während der Weltfestspiele beinhalteten sowohl Schilderungen von Einzelereignissen als auch zusammenfassende Lageeinschätzungen. Die durchschnittlich zwei Seiten umfassenden Berichte erwähnen etwa Vorkommnisse wie Sachbeschädigung, Flugblattverteilungen oder Prügeleien und Körperverletzungen sowie erfolgreiche oder vereitelte Fluchtversuche.43 Dabei dienten sie jedoch nicht nur der Unterrichtung der Partei- und Staatsführung, vielmehr hatten sie auch die Botschaft zu kommunizieren, dass die »Sicherheit und Ordnung jederzeit gewährleistet«44 sei, wie es in neun von zwölf Berichten hieß.
Alle ZAIG-Informationen des Jahres 1973 in den Blick genommen zeigt sich, dass die ZAIG ihre Berichterstattung im Zuge der Weltfestspiele deutlich intensivierte. Meldungen über Grenzzwischenfälle nahmen sprunghaft zu. Während die MfS-Mitarbeiter derartige Ereignisse zuvor und danach nur vereinzelt an ausgewählte Personen der Partei- und Staatsführung berichteten, gingen im Zeitraum vom 23. Juli bis 6. August beinahe täglich Informationen dazu heraus. Insgesamt versandte die ZAIG in dieser Zeit zwölf Informationen zu grenzprovokatorischen Handlungen mehrheitlich aus Westberlin gegen die Grenzbefestigungsanlagen der DDR. Darunter beispielsweise ein Beschuss von Grenzsoldaten mit Luftgewehren oder das Abfeuern von Blitzknallern von der Westberliner Seite nach Ostberlin.45 Alle Informationen zu diesem Thema waren in dieser Zeit an den KGB-Standort in Berlin-Karlshorst und, bis auf eine Ausnahme, ebenfalls an Erich Honecker adressiert. Fälle von Grenzprovokationen waren keineswegs neu. Seit der Grenzschließung gehörten solche Aktionen zwar zum Tagesgeschäft im MfS und die Zahl der Ermittlungsverfahren war zuletzt sogar leicht rückläufig,46 doch vor dem Hintergrund der deutsch-deutschen Entspannung und schließlich im Rahmen der Weltfestspiele reagierten die Sicherheitsorgane wieder deutlich sensibler, wie die ZAIG-Informationen zeigen.
Ähnlich sah es für die Berichtslage zu Flucht- und Schleusungsversuchen aus. Seit Beginn des Festival-Monats Juli hatte sich die Anzahl der ZAIG-Informationen über vereitelte oder geglückte Fluchten und über Fluchthelfer deutlich erhöht. Insgesamt 19 Berichte über Fluchten und Fluchtversuche verließen während der Weltfestspiele die ZAIG. Damit machten sie einen Anteil von 20 Prozent an der Gesamtheit aller ZAIG-Informationen zu Fluchten im Jahr 1973 aus. Insgesamt 16 waren an Honecker adressiert, von denen er laut Verteiler acht als einziger externer Empfänger und acht gemeinsam mit anderen externen Empfängern erhielt wie dem sowjetischen Geheimdienst KGB, der von der ZAIG über fünf Einzelfälle unterrichtet wurde.
Andere Zwischenfälle wie eine Bombendrohung gegen ein Taxiunternehmen in Berlin-Weißensee,47 randalierende Angehörige einer FDJ-Ordnungsgruppe in Berlin-Köpenick sowie einbrechende und brandschatzende Jugendliche im Bezirk Magdeburg48 berichteten die ZAIG-Analysten hingegen gar nicht. Auch die von MfS-Mitarbeitern verhinderte Selbstverbrennung eines Arbeiters als Protest gegen seine abgelehnten Ausreiseanträge während der Weltfestspiele fanden keinen Eingang in die ZAIG-Informationen,49 ebenso wenig wie ein an einen Baum gebundener sowjetischer Soldat, der zuvor unter starkem Alkoholeinfluss randaliert hatte und von DDR-Bürgern überwältigt, entkleidet und gefesselt worden war.50 Warum über diese teils politisch hochbrisanten Vorfälle seitens der Staatssicherheit in ihren Berichten geschwiegen wurde, kann hier nicht abschließend geklärt werden.
2.2 Walter Ulbricht
Während sich die DDR im Taumel der X. Weltfestspiele befand, verstarb am 1. August 1973 der einstige Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht. Das Ableben des bereits seit längerer Zeit schwer kranken Ulbricht traf die SED-Führung nicht unerwartet. Dennoch kam sein Tod denkbar ungelegen. Denn das von langer Hand geplante Propagandaspektakel der X. Weltfestspiele in Ostberlin sollte durch nichts getrübt werden. Große Staatstrauer oder gar die Unterbrechung des Festivals zu Ehren eines Mannes, den sein Nachfolger Erich Honecker am liebsten der Vergessenheit preisgegeben hätte, kamen nicht infrage.51 Schon längst stellte Ulbricht im SED-Staat keinen Machtfaktor mehr dar, obwohl er bis zu seinem Tod Ehrenvorsitzender seiner Partei und Staatsratsvorsitzender geblieben war. Auf vielen politischen Gebieten ging Honecker neue Wege und setzte damit Kontrapunkte zu seinem Vorgänger, insbesondere in den Bereichen der Außen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.52 Erniedrigungen durch die eigenen Parteigenossen und öffentliche Darstellungen als gebrechlicher und kranker alter Mann taten ihr Übriges, um Ulbricht bereits zu Lebzeiten als politischen Machtfaktor endgültig zu demontieren.53
Während ostdeutsche Zeitungen Nachrufe, Beileidsbekundungen und Fotoserien zum Verstorbenen druckten,54 gingen die Feierlichkeiten der Weltfestspiele ungetrübt weiter. Fadenscheinige Ausflüchte, eine Fortführung der Großveranstaltung sei ausdrücklicher Wunsch des einstigen SED-Generalsekretärs gewesen und eine Verschiebung der Trauerfeier in seinem Sinne, marginalisierten das Leben und Ableben Ulbrichts beinahe.55 Die üblichen Trauerzeremonien sollten erst nach dem Hauptstadtfest, eine Woche nach Ulbrichts Tod erfolgen. Dies war nicht nur ungewöhnlich spät, sondern auch die nur dreistündige öffentliche Aufbahrung und die lediglich für einen Tag verordnete Staatstrauer entsprachen nicht den damals üblichen Gepflogenheiten für die Würdigung eines ehemals höchsten kommunistischen Partei- und Staatsfunktionärs.56
Ungewöhnlich ist ebenfalls, dass die Mitarbeiter der ZAIG zunächst keine Berichte zum Ereignis fertigten. Erst auf den 6. August 1973, einen Tag vor den öffentlichen Trauerzeremonien, datiert eine fünfseitige Information »über Reaktionen und Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem Ableben des Genossen Walter Ulbricht«.57 Laut diesem Stimmungsbild sei die »Anteilnahme« am Tod und die »Wertschätzung« für Ulbrichts Leistungen in der DDR-Bevölkerung sehr groß. Während die Mehrheit der wiedergegebenen Stimmen den Umgang der SED-Führung mit Ulbrichts Ableben und die ungewöhnlich spät abgehaltenen Zeremonien zu seinen Ehren gutheißen würde, gebe es in der gesamten DDR auch kritische Einzelmeinungen. So würden Einzelne anzweifeln, dass Ulbricht tatsächlich eine Fortsetzung des Festivals gewünscht habe und stattdessen einen taktischen Zug der Partei- und Staatsführung vermuten. Die kurze Dauer der Zeremonien habe ebenso kritische Reaktionen hervorgerufen wie der eher zurückhaltende Nachruf auf Walter Ulbricht im »Neuen Deutschland«, der dessen Leistungen als ehemaliger Generalsekretär des ZK der SED nur unzureichend gewürdigt habe. Die Information geht zudem auf Gerüchte und Einzelmeinungen zum Machtkampf innerhalb der SED ein, der 1971 zum Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker und seitdem sukzessive zum endgültigen Machtverlust und zur Marginalisierung Ulbrichts geführt hatte. So erwähnt die ZAIG-Information im Kern durchaus zutreffende Spekulationen zu den Ursachen der »politischen Abwertung« Ulbrichts seit 1971, der »Meinungsverschiedenheiten mit den Genossen der KPdSU« und »Machtkämpfe innerhalb der Partei- und Staatsführung der DDR« zugrunde gelegen hätten. Infolgedessen sei der einstige erste Mann in der SED unter anderem durch die Umbenennung von nach ihm benannten Betrieben und Einrichtungen aus dem öffentlichen Bild der DDR getilgt worden. Gemeint war hier sicherlich auch, dass nur wenige Tage vor Beginn der Weltfestspiele deren zentraler Austragungsort, das »Walter-Ulbricht-Stadion« in Ostberlin, in »Stadion der Weltjugend« umbenannt worden war. Solche Demütigungen hätten, so der ZAIG-Bericht, zu Ulbrichts raschem körperlichen Verfall und seinem frühen Tod erheblich beigetragen.
Dieses Meinungsbild, das inhaltlich erstaunlich umfassend den Komplex des Ulbricht-Todes beleuchtet, wurde extern lediglich an die KGB-Vertretung in Ostberlin verteilt. Die gerade erst beendeten Weltfestspiele, die angespannte Situation an den DDR-Grenzen und das anhaltende Problem der Fluchtversuche überlagerten und dominierten hingegen die Berichterstattung des MfS an die SED-Führung.
2.3 Reisen und Fluchten
Der vermeintlichen Öffnungspolitik nach außen standen Schließungs- und Abschottungstendenzen im Innern gegenüber. Parteiführung und Geheimpolizei waren sich einig, dass die internationalen Öffnungstendenzen nicht zu einem Anstieg der Zahl von Ausreisewilligen führen durften. Ihnen war bewusst, dass viele DDR-Bürger angesichts der deutsch-deutschen und internationalen Entspannungsprozesse auf Erleichterungen sowohl für Besuchsreisen ins nichtsozialistischen Ausland als auch für dauerhafte Ausreisen aus der DDR hofften.58 Doch die Möglichkeiten, eine Reisegenehmigung zu erhalten, waren und blieben äußerst beschränkt. Lediglich aufgrund eines dringenden familiären Anlasses konnten etwa nahe Angehörige einen Antrag auf eine zeitlich begrenzte Besuchsreise stellen. Darüber hinaus hatten nur Rentner und Personen, die nachweislich dauerhaft arbeitsunfähig waren, die Chance auf eine Ausreise. Rechtliche Regelungen für ein geordnetes Verfahren zur Beantragung einer dauerhaften Ausreise in die Bundesrepublik unterblieben hingegen weiterhin.59 Ausreiseanträge an staatliche Institutionen der DDR hatten oftmals Repressionen im Alltag zur Folge. Ihre Bearbeitung erstreckte sich häufig über mehrere Jahre und sie wurden oftmals negativ beschieden.60 Zahlreiche Personen, die die DDR endgültig verlassen wollten, suchten zudem nach anderen Wegen in die Bundesrepublik. Im Jahr 1973 stieg die Zahl der Personen, die Fluchtversuche aus der DDR unternahmen, nach MfS-Angaben von 1 148 im Vorjahr auf nun 3 601 sprunghaft an.61
Zu einem kleinen Politikum entwickelte sich die geglückte Tunnelflucht zweier Brüder mit ihren Familien von Klein Glienicke in Ostberlin nach Westberlin, wenige Tage vor der Eröffnung der Weltfestspiele. Aufgrund der zeitlichen Nähe zur Großveranstaltung in Ostberlin rief der Fall ein großes öffentliches Interesse hervor. Der Berliner Senat bestätigte das erfolgreiche Unterfangen erst rund zwei Wochen später, nachdem bereits zahlreiche Pressemedien über den Fall berichtet hatten. Seine Zurückhaltung befeuerte die öffentliche Berichterstattung zusätzlich. Während die Flüchtlinge bereits kurz nach ihrer Flucht nach Westdeutschland ausgeflogen wurden, untersuchten die MfS-Mitarbeiter den Tunnelabschnitt minutiös und verschärften ihre Gefahreneinschätzung für diesen Abschnitt. Die ZAIG unterrichtete nicht nur den Minister für Nationale Verteidigung Heinz Hoffmann, sondern auch Erich Honecker und die KGB-Vertretung in Berlin-Karlshorst.62 Es sollte die letzte Tunnelflucht der DDR-Geschichte bleiben.
Die ZAIG-Mitarbeiter informierten allerdings längst nicht über jeden brisanten Fluchtfall. Selbst Fluchten von prominenten Personen wurden nicht systematisch berichtet. Somit muss die Frage weiterhin offenbleiben, nach welchen Auswahlkriterien Fluchten und Fluchtversuche in die ZAIG-Informationen einflossen. Denn die insgesamt 94 Fluchtberichte der ZAIG im Jahr 1973 an die Partei- und Staatsführung decken nur einen Bruchteil der tatsächlichen Vorfälle ab. Während innerhalb der vier Sommermonate von Juni bis September insgesamt 63 Fluchtberichte aus der ZAIG hinausgingen, verteilten sich die übrigen 31 Berichte auf die restlichen Monate, wobei am 5. Oktober der letzte abgeschlossen wurde. Im November und Dezember ließen sich erstaunlicherweise keine Berichte zu dieser Thematik finden, obwohl von einem Ende der Fluchtversuche in dieser Zeit nicht auszugehen ist und im Herbst 1973 der mehrtägige, medial begleitete Prozess gegen drei Fluchthelfer am Stadtgericht Ostberlin stattfand.63
2.3.1 Von Ost nach West – Fluchthelfer im Fokus
Auffällig ist, dass sich 60 von insgesamt 94 Fluchtberichten mit dem Handeln von Fluchthelfern befassen. Dies ist nicht verwunderlich, da die Mehrzahl der 1973 geflohenen Personen nach MfS-Auswertung mit Unterstützung von Fluchthelfern das Land verlassen hatte.64 Die Schleuser verstießen mit ihrem Handeln gegen geltendes Recht in der DDR, weshalb sie hier als staatsfeindliche Menschenhändler strafrechtlich verfolgt wurden.65 Die ZAIG-Mitarbeiter informierten vor allem über längerfristig aktive »Fluchthilfeorganisatoren«,66 die sie pauschal als »Menschenhändlerbanden« bezeichneten. Organisatoren wie Horst Dawid67 und Wolfgang Löffler,68 Hasso Herschel69 oder Joachim Pudelski70 hatten ihre kommerzielle Fluchthilfe zumeist seit den 1960er-Jahren auf- und ausgebaut. Politische Motive waren dabei ebenso ausschlaggebend wie finanzielle oder individuell-biografische. Ihre Arbeitsprozesse wie die Annahme von Fluchtaufträgen, die Planung der Fluchtwege, -mittel und -methoden hatten sie seitdem professionalisiert. Sie beschäftigten häufig mehrere Personen, die etwa als Kuriere Informationen oder Dokumente an Fluchtwillige in der DDR übermittelten oder die Schleusungen etwa mit umgebauten Autos oder gefälschten Ausweisen durchführten. Die Kuriere und Schleuser selbst unterschieden sich ebenfalls stark voneinander. Neben erfahrenen Profis konnten auch unbezahlte Idealisten oder ehemalige DDR-Häftlinge darunter sein, ebenso wie Vorbestrafte oder Beschäftigungslose.71 Auch sogenannte Diplomatenschleuser konnten für einen »Fluchthilfeorganisator« tätig werden.72 Diese Fluchthelfer verfügten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer diplomatischen Mission in der DDR über einen Diplomatenpass und durften die deutsch-deutsche Grenze vergleichsweise ungehindert passieren.73 Manche arbeiteten konstant für einen Auftraggeber, andere nahmen nur vereinzelt Aufträge an oder wechselten zwischen den einzelnen Organisatoren. Mitunter schleusten auch Einzelpersonen Ausreisewillige aus der DDR aus.74 Diese Fälle sind gleichfalls höchst heterogen. Familienangehörige oder Freunde finden sich ebenso als Fluchthelfer wie in Eigeninitiative handelnde ehemalige DDR-Häftlinge, Idealisten oder Diplomaten.
Die Vermutung liegt nahe, dass die ZAIG-Informationen zu Fluchtfällen in erster Linie dazu dienen sollten, auf das Vorgehen der Fluchthelfer aufmerksam zu machen und damit auf Lücken im Grenzregime hinzuweisen. So verschickten die ZAIG-Mitarbeiter im Juli 1973, knapp vier Wochen vor Beginn der X. Weltfestspiele in Ostberlin, eine umfängliche Information an Honecker, den ZK-Sekretär für Sicherheit Paul Verner und den KGB in Berlin-Karlshorst, in der sie eine ausführliche Auswertung der bisherigen Fälle von Fluchthilfe durchführten. Doch bei einer reinen Auswertung beließen es die ZAIG-Mitarbeiter nicht. Vielmehr liest sich die Information wie ein einziges Plädoyer gegen die Entspannungspolitik und die deutsch-deutschen Grenzabkommen. Die Berichterstatter stellten vor allem das »Transitabkommen« sowie die Reise- und Besuchervereinbarungen mit Westberlin als die größten Einfallstore für Schleuser heraus. Seit dem Inkrafttreten des »Transitabkommens« im Juni 1972 habe das MfS Festnahmen von 531 Personen wegen des Versuchs oder der Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der DDR verzeichnet. Rund 40 Prozent der Festgenommenen (164 Personen) seien Kontakte zu sogenannten Menschenhändlerbanden nachgewiesen worden, wobei mit 110 Personen der weitaus größte Teil davon 1973 gefasst worden sei.75 Mit diesen statistischen Auswertungen gaben die ZAIG-Mitarbeiter den höchsten Stellen in der DDR – den Adressaten Honecker und dem KGB – handfeste Argumente für eine deutliche Verschärfung der Maßnahmen gegen die Schleuserproblematik im Jahr 1973 an die Hand. Das zurückbehaltene Honecker-Exemplar dieser Information in den Akten der SED zeigt, dass die hier vermittelten Informationen Aufmerksamkeit erregten. Denn gerade die statistischen Angaben zu den Festnahmen sind darin handschriftlich unterstrichen oder umkreist.76 Dabei fasste die Information Aspekte zusammen, die innerhalb des MfS schon lange bekannt waren. Dies betraf nicht nur Schleusermethoden wie Pass- und Dokumentenfälschungen, präparierte Autos oder Ähnliches, sondern zeigte auch die Tatsache, dass gut ausgebildetes Fachpersonal, insbesondere medizinisches und medizinisch-technisches Personal unter den Flüchtlingen deutlich überwog.77
2.3.2 Fluchtschwerpunkte
Mit insgesamt 19 Berichten informierten die ZAIG-Mitarbeiter im Jahr 1973 besonders häufig über Fluchtversuche von Medizinern oder Naturwissenschaftlern, deren Ausschleusung 1973 sprunghaft anstieg.78 Der Weg in das westeuropäische Ausland führte oftmals über Fluchthelfer, für die die fluchtbereiten Ärzte und Wissenschaftler attraktive, weil zahlungsfähige Kunden waren.79 Fluchtanreize aus der Bundesrepublik von Vertretern staatlicher Einrichtungen oder von Berufsverbänden wie etwa Unterstützung beim Neuanfang, die Auszahlung von vergleichsweise hohen finanziellen Übergangsgeldern oder die Hilfe bei der Arbeitssuche würden laut MfS-Angaben illegale DDR-Ausreisen insbesondere unter dem medizinischen Fachpersonal erheblich begünstigen.80 In der DDR würden hingegen die Klagen über Missstände im Gesundheitswesen zunehmen. Die ZAIG-Mitarbeiter berichteten etwa im Rahmen einer Information über eine Mitarbeiterversammlung im Krankenhaus Berlin-Friedrichshain im September 1973 an Erich Honecker und Paul Verner. Kritikpunkte wie eine anhaltend hohe Arbeitsbelastung und mangelnde Unterstützung des Krankenhauspersonals im Arbeitsalltag durch Vorgesetzte waren hier ebenso zur Sprache gebracht worden wie Mängel in der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch Wohnraummangel, zu geringe Löhne oder fehlende Kinderkrippen- und Kindergartenplätze vor Ort.81 Über weitere Klagen, etwa die zum Teil unzureichende Versorgung mit Medikamenten, Raummangel, veraltete Technik, fehlende berufliche Perspektiven sowie zu starre Vorgaben für die medizinische Forschung, berichtete die ZAIG hingegen nicht an die Partei- und Staatsführung. Dabei waren die Probleme seit langer Zeit bekannt und ein nicht unwesentlicher Grund für die Unzufriedenheit des medizinischen Personals.82
Auffällig sei laut MfS-Analysen, dass viele der bereits ausgeschleusten und der auf der Flucht gefassten Personen aus den medizinischen Bereichen zuvor in Kontakt miteinander gestanden hätten. Für die MfS-Mitarbeiter lag die Vermutung nahe, dass sich hier Empfehlungsnetzwerke für Schleusungsaktivitäten herausgebildet hatten.83 In Einzelfällen konnte ermittelt werden, dass ausgeschleuste Personen Listen für weitere Schleusungskandidaten erstellten, die dann von den Fluchthelfern gezielt kontaktiert wurden.84 Dies deuten auch die ZAIG-Mitarbeiter im August 1973 in einem als Information für Paul Verner und Werner Lamberz vorgesehenen Veranstaltungsvorschlag an. Denn seit Oktober 1972 seien 18 Ärzte und fünf Krankenpfleger bzw. Personen des medizinisch-technischen Personals aus dem Krankenhaus Berlin-Friedrichshain aus der DDR geflohen. Weitere Fluchtversuche seien verhindert worden. Daher plädieren die Autoren in ihrer Information an die Partei- und Staatsführung für eine Zusammenkunft ausgewählter leitender Funktionäre des Krankenhauses, um diese nicht nur für die Problematik zu sensibilisieren, sondern auch ihren Blick auf die Fluchtursachen zu schärfen. Ziel solle es sein, den Anwesenden Kenntnisse und Argumente an die Hand zu geben, damit diese »politisch-ideologische Unklarheiten« unter ihren Mitarbeitern ausräumen könnten. Auf diese Weise solle dem Anreiz von Fluchthelferangeboten und von Abwerbungsversuchen aus der Bundesrepublik bzw. Westberlin die Basis entzogen werden. Erstaunlich ist, dass die MfS-Mitarbeiter hier nicht nur aktiv einen Vorschlag unterbreiten, sondern auch sogleich eine konkrete Veranstaltungsplanung vorlegen. So schlagen sie aufgrund der »großen politischen Bedeutsamkeit des gesamten Problems« den Gesundheitsminister Ludwig Mecklinger als Veranstalter und Hauptredner vor. Auch unterbreiten sie weitere Rednervorschläge wie den Generalstaatsanwalt von Ostberlin oder Personen aus dem Ärztekollegium. Darüber hinaus nennen sie Themen und Inhalte, die in der Veranstaltung unbedingt zur Sprache gebracht werden sollten wie Abwerbungsmethoden, die Beeinflussung durch bereits geflohene Kollegen oder skrupellose Vorgehensweisen der Fluchthelfer zur Werbung und Schleusung von Ausreisewilligen.85 Der Vorschlag stieß augenscheinlich auf offene Ohren, denn nur neun Tage später wurde die Veranstaltung im Krankenhaus Berlin-Friedrichshain durchgeführt. Rund 90 Personen des Gesundheitswesens der Hauptstadt nahmen daran teil. Die Veranstaltung wurde im MfS genaustens beobachtet und die ZAIG-Mitarbeiter berichteten darüber. Die Information sollten nicht nur der ZK-Sekretär für Wissenschaft Kurt Hager oder der ZK-Sekretär für Sicherheit Paul Verner, sondern auch Erich Honecker erhalten.86
Bei den Fluchten von Medizinern oder medizinischem Fachpersonal in die Bundesrepublik bzw. Westberlin handelte es sich 1973 keineswegs um eine neue Problematik. Dennoch wirft die zeitliche Entstehung der Berichte Fragen auf. Denn mehr als die Hälfte aller Informationen zu Fluchtversuchen von Angehörigen medizinischer Bereiche verließ in den Monaten August und September die ZAIG.87 Bei einer genaueren Betrachtung des politischen Kontextes zeigt sich, dass die ZAIG-Informationen damit unmittelbar vor oder während einer Zeit herausgingen, als eine ganze Reihe an Maßnahmen im Gesundheitsbereich durchgeführt wurden und damit ein politisches Interesse an der Thematik bestand. Denn im September 1973 beschloss das SED-Politbüro gemeinsam mit dem Ministerrat und dem FDGB-Bundesvorstand den Ausbau und die Verbesserung der medizinischen Versorgung vor Ort, etwa durch die Steigerung der Anzahl von Arzt- und Facharztpraxen.88 Die für 1974 geplante Einrichtung eines Kultur- und Sozialfonds sollte darüber hinaus Ausstattung und Arbeitsbedingungen in den medizinischen und Gesundheitseinrichtungen verbessern.89 Zudem initiierte das Ministerium für Gesundheitswesen im September 1973 weitere Mitarbeitergespräche und -versammlungen, die Unzufriedenheiten und andere Probleme eruieren sowie gezielt von Fluchten abschrecken sollten.90
Einen Monat später legte der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke einen gemeinsam mit Kurt Hager verfassten Beschluss91 im SED-Politbüro zur »strafrechtliche[n] Verfolgung und Wiedereingliederung der wegen versuchtem illegalen Verlassen der DDR angefallenen Angehörigen der medizinischen Intelligenz und des mittleren medizinischen Personals«92 vor. Dieser Beschluss setzte einerseits auf Abschreckung durch rigide Bestrafung von Fluchthelfern, andererseits sollte die Partei- und Staatsführung mildtätiges Entgegenkommen gegenüber denjenigen signalisieren, die auf der Flucht gefasst worden waren oder denen konkrete Fluchtpläne nachgewiesen werden konnten und die zusagten, zukünftig auf Fluchtversuche zu verzichten und freiwillig an einer Reintegration in das Rechts- und Gesellschaftssystem der DDR teilzunehmen. In diesen Fällen der Kooperation sollten künftig nur Bewährungsstrafen mit Haftentlassung sowie eine berufliche Wiedereingliederung in einen geeigneten Bereich des Gesundheitswesens, jedoch möglichst nicht am alten Arbeitsplatz, zum Einsatz kommen.93 Auch bei Personen mit »uneinsichtige[m] Verhalten[…]« sollte künftig eine berufliche Wiedereingliederung priorisiert werden, während Ausweisungen aus der DDR »nur in Einzelfällen vorzunehmen« seien.94
Die sowohl sozial- und gesundheitspolitischen als auch strafrechtlichen Maßnahmen zur Beseitigung von Problemen und damit letztlich auch zur Abschwächung der Fluchtwelle im Gesundheitswesen schienen Erfolge zu zeitigen. Denn die MfS-Statistiken verzeichneten im Herbst 1974 einen Rückgang der Fluchten in medizinischen Bereichen um rund 50 Prozent.95 Jedoch blieben die unzureichende Ausstattung des medizinischen Sektors, die dadurch verursachten Unzufriedenheiten und die nicht zuletzt damit im Zusammenhang stehende Ausreise- und Fluchtbewegung von Ärzten und medizinischem Personal bis zum Ende der SED-Diktatur ein ungelöstes Problem.96
2.4 Kirche und Religion
Auch kirchenpolitisch stand das Jahr 1973 ganz im Zeichen der Entspannungspolitik. Denn inmitten der Bemühungen, die weltweite Anerkennung der DDR zu erreichen, erlangten die von der SED ansonsten weltanschaulich und politisch bekämpften christlichen Kirchen kurzzeitig eine neue Relevanz. Als global verbundene bzw. vernetzte Institutionen boten sie zum einen die Möglichkeit der Vermittlung und Förderung von diplomatischen Beziehungen mit anderen Staaten – dies galt insbesondere für die katholische Kirche in der DDR mit ihrer direkten Anbindung an den Vatikan. Zum anderen bargen sie das Potenzial, den Einfluss der sozialistischen Staaten innerhalb der weltweit organisierten kirchlichen Institutionen wie dem »Ökumenischen Rat der Kirchen« zu stärken und damit die internationale Anerkennung der DDR zu befördern.97 Zudem war das Jahr 1973 von wenigen offen ausgetragenen Konflikten zwischen der Partei- und Staatsführung und den Kirchen in der DDR geprägt. Insgesamt 35 Informationen berichten über Ereignisse und Versammlungen der christlichen Kirchen in der DDR.
2.4.1 Die evangelischen Kirchen in der DDR
Insgesamt 22 ZAIG-Informationen berichteten der Partei- und Staatsführung im Jahr 1973 über Debatten und Ereignisse in den evangelischen Kirchen der DDR. Elf von ihnen informieren über Synoden und Versammlungen einzelner Landeskirchen, des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, der Evangelischen Kirche der Union sowie der Konferenz der Kirchenleitungen. Hinzu kommen Berichte über Reaktionen auf kirchenpolitisch relevante Maßnahmen und Entscheidungen, über ökumenische Planungen und Veranstaltungen oder Ereignisse in der Bekennenden Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens. Ein Themenschwerpunkt ist der Konflikt um den Görlitzer Bischof Hans-Joachim Fränkel, der mit seinen staatskritischen öffentlichen Reden seit Langem das Missfallen der Partei- und Staatsführung erregte. Seine Auftritte wurden als Provokation gegen die SED-Führung interpretiert, weshalb die MfS-Mitarbeiter sie genauestens dokumentierten und die ZAIG über sie berichtete. Im Frühjahr 1973 hatte sich Fränkel auf der Synode der evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes scharf gegen eine Vereinnahmung der Kirchen durch den Staat, gegen Schwangerschaftsabbrüche und die Diskriminierung christlicher Kinder im Bildungswesen, für eine verstärkte Kommunikation zwischen West- und Ostdeutschland und die Durchlässigkeit von Grenzen ausgesprochen.98 Im Herbst 1973 folgte ein provokanter Vortrag vor dem Landesbruderrat der Bekennenden Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens, in dem Fränkel an die christliche Standhaftigkeit gegenüber dem sozialistischen Regime appellierte und historische Parallelen zu christlichen Widerstandsbestrebungen während des nationalsozialistischen Regimes zog. Er leitete aus dem Evangelium eine »öffentliche Verantwortung« der evangelischen Kirchen ab, sich zu »Fragen des öffentlichen Lebens« zu äußern und energisch für die eigenen Positionen einzustehen.99 Damit widersprach Fränkel den Versuchen der SED-Führung, Glaubensfragen auf den privaten Bereich zu beschränken. Fränkels Verständnis von einem kritischen, toleranten und glaubensfreundlichen Sozialismus sowie sein unangepasstes und regimekritisches Auftreten eckten zunehmend bei der SED-Führung an. Seine Auftritte erhielten dadurch zusätzliche politische Brisanz, dass sie in der westdeutschen Öffentlichkeit rezipiert wurden. Gespräche zwischen dem Staatssekretär für Kirchenfragen Hans Seigewasser und Fränkel erbrachten 1973 keine Übereinkunft, da Fränkel sich weigerte, seine Aussagen öffentlich zu widerrufen.100
Einen weiteren Berichtsschwerpunkt stellten die Aktivitäten des 1969 gegründeten »Bundes der evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik« dar, der als oberstes Gremium von insgesamt acht evangelischen Landeskirchen in der DDR den Anspruch erhob, seine Gliedkirchen zu vereinen und ein gemeinsames Handeln zu fördern.101 Dem Jahr 1973 kam hier eine besondere Bedeutung zu, da der Bund im Frühjahr seine erste Synode beendete und im Herbst seine zweite Synode eröffnete. Daher begann das Jahr mit abschließenden Diskussionen um Positionspapiere und Vorlagen und endete mit organisatorischen und personellen Neuaufstellungen. Eines der zentralen Themen des Jahres blieb trotz dieser Umbruchsphase die Auseinandersetzung um das Selbstverständnis der evangelischen Kirchen im sozialistischen Staat. Insbesondere die 1973 im Bericht der Konferenz der Kirchenleitung (KKL) gebrauchte Formel von der »Kirche im Sozialismus« stand im Fokus der Diskussionen.102 Erstmals 1968 durch Hans Seigewasser artikuliert, sorgte sie weniger für Klarheit als für Widersprüche. Während die Partei- und Staatsführung sie vor allem aufgriff, um bei den Kirchen eine staatsloyale Haltung anzumahnen, diente sie vielen Kirchenvertretern dazu, ihre Handlungsspielräume zu definieren.103 In diesem Sinne griffen die Mitglieder der KKL diese Formel 1973 als einen Vorschlag auf, den kirchlichen Standpunkt in der DDR zu präzisieren. »Kirche im Sozialismus« bedeutete demnach, die eigene Existenz in einem sozialistischen System »anzunehmen« als »Bürger eines sozialistischen Staates und Glieder einer sozialistischen Gesellschaft«. Sie waren folglich bereit, das bestehende politische System und seine Machtverhältnisse zu akzeptieren und sich ihm nicht entgegenzustellen. Die Formel ginge aber auch mit der Erkenntnis einher, dass es keine »sozialistische Kirche«, also keine staatliche Übereinkunft mit den Kirchen geben werde und geben könne. Die Kirchen würden in der DDR gesellschaftliche Themen aufgreifen und sich bei Notlagen engagieren. Sie würden sich aber nicht im Sinne einer Staatskirche explizit auf die Seite des Staates stellen. »Kirche im Sozialismus« bedeutete zudem, kirchliche Sichtweisen zu vertreten und Abweichungen oder gar Widersprüche zur parteipolitischen Linie auszuhalten. Die Kirchenvertreter nahmen als Repräsentanten von sozialistischen Staatsbürgern für sich das Recht in Anspruch, diese Abweichungen und Widersprüche sowohl im Gespräch mit der Partei- und Staatsführung als auch öffentlich zu artikulieren.104 Die Mitglieder der KKL leiteten somit aus dieser Formel für sich die Berechtigung auf gesellschaftliche Teilhabe über den kirchlichen Raum hinaus ab. Damit widersprachen sie allerdings der politischen Linie der Partei- und Staatsführung, die die Kirchen aus allen Bereichen des öffentlichen gesellschaftlichen Lebens hinausdrängen und lediglich auf religiöse Handlungen beschränken wollte. Die Auslegung der Formel und die Stellung der evangelischen Kirchen blieb über das Jahr 1973 hinaus nicht nur zwischen der SED-Führung und den Kirchenleitungen, sondern auch unter den Kirchenvertretern selbst umstritten.
In dem Konflikt um die Stellung der evangelischen Kirchen in der DDR kommt ein Widerspruch zum Ausdruck, der sich auch auf anderen Konfliktfeldern zeigt, die 1973 keineswegs neu waren. Dabei handelte es sich vor allem um die Themen Wehrdienst und Bausoldaten, Schwangerschaftsabbruch, Religionsunterricht und Konfirmation sowie die Diskriminierung von Christen im sozialistischen Alltag, insbesondere im Bildungswesen. Neu hinzu kam die Debatte um die Einführung eines neuen Jugendgesetzes 1974, das verstärkt auf die Heranbildung der Kinder und Jugendlichen zu sozialistischen – und damit atheistischen – Persönlichkeiten abzielte.105
Auch der Streit um die 1971 in Kraft getretene sogenannte Veranstaltungsverordnung setzte sich in den Kirchen und damit auch in den ZAIG-Informationen des Jahres 1973 fort.106 Die Verordnung schrieb die grundsätzliche Anmeldung von öffentlichen Veranstaltungen bei der Deutschen Volkspolizei vor. Davon ausgenommen waren »religiöse Handlungen oder dienstliche Zusammenkünfte« in kircheneigenen Räumlichkeiten. Welche religiösen Handlungen unter diese Ausnahme fielen und welche nicht, wurde gesetzlich vorgeschrieben. Dies sahen viele kirchliche Vertreter als staatliche Bevormundung, Eingriff in kirchliche Belange und weiteres Mittel der Reglementierung an. Im Mai 1973 kam es schließlich zu einem Kompromiss zwischen dem Vorsitzenden des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Albrecht Schönherr, und dem Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser. Fortan sollten die genehmigungsfreien kirchlichen Veranstaltungen um das Bibelrüsten für Kinder und Jugendliche sowie das Konfirmandenrüsten erweitert werden.107 Mit diesem Kompromiss ließ sich der Konflikt um die Veranstaltungsverordnung für das Jahr 1973 beilegen. Konflikte zwischen Vertretern der Partei- und Staatsführung und den evangelischen Kirchen um die Ausrichtung und die Inhalte von kirchlichen Veranstaltungen sollten jedoch auch in der Folgezeit das Verhältnis zwischen der SED und den evangelischen Kirchen begleiten.
2.4.2 Katholische Kirche
Im Gegensatz zu den evangelischen Kirchen nimmt die Berichterstattung der ZAIG zur katholischen Kirche in allen Berichtsjahren eine vergleichsweise untergeordnete Position ein. Dies ist grundsätzlich auch für das Jahr 1973 zu konstatieren. Während sich allerdings in den vorherigen und nachfolgenden Jahren durchschnittlich lediglich vier ZAIG-Informationen pro Jahr mit Ereignissen und Themen in der katholischen Kirche der DDR befassten, gingen 1973 mit insgesamt zwölf Berichten überdurchschnittlich viele an die Partei- und Staatsführung hinaus. Von diesen informierten fünf über die Vorbereitung oder Durchführung von innerkirchlichen Zusammenkünften wie die Pastoralsynode,108 die Konferenz der katholischen Bischöfe in der DDR109 oder die Ordinariatssitzung des Bistums Berlin.110 Daneben finden sich Berichte über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und der DDR,111 Reaktionen aus der katholischen Kirche in der DDR zu kirchen- und jugendpolitischen Fragen112 oder Berichte über öffentliche Veranstaltungen.113
Die Vermutung liegt nahe, dass diese kurzzeitige größere Bedeutung der katholischen Kirche in der ZAIG-Berichterstattung aus der internationalen Entspannungspolitik und dem Streben der SED nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Vatikan resultierte. Die SED-Führung hatte ein großes Interesse an guten Beziehungen zum Heiligen Stuhl, da sie die Einrichtung einer DDR-eigenen Bischofskonferenz anstrebte. Zudem sollte die Verselbstständigung der durch die deutsch-deutsche Teilung getrennten Jurisdiktionsbezirke Erfurt, Magdeburg, Schwerin und Meiningen erreicht werden, deren Bischofssitze in der Bundesrepublik lagen und die in der DDR bis dahin nur kommissarisch verwaltet worden waren. Bislang hatte der Vatikan der Einrichtung eigenständiger Bistümer in Ostdeutschland nicht zugestimmt, da dies einer Anerkennung der DDR als souveräner Staat gleichgekommen wäre. Bereits am Rande der KSZE in Helsinki 1972 war es zu Gesprächen zwischen den Delegierten aus dem Vatikan und aus der DDR gekommen.114 Somit begann das Jahr 1973 mit der Erwartung, dass der Vatikan und die DDR bald diplomatische Beziehungen aufnehmen und diplomatische Vertretungen austauschen würden.115
Doch während die ZAIG-Mitarbeiter zu Beginn des Jahres noch darüber informierten, überlagerten in der Folgezeit andere Themen wie die Durchführung der Pastoralsynode, die katholischen Reaktionen auf die bevorstehende Einführung des Jugendgesetzes 1974 sowie Jugend- und Studentenpfarrerveranstaltungen die Berichterstattung.116 Als der Vatikan allerdings im Juli 1973 dem Einsatz dauerhafter Apostolischer Administratoren und eines Weihbischofs in der DDR zustimmte, berichteten die ZAIG-Mitarbeiter erneut über diesbezügliche Entwicklungen in der katholischen Kirche.117 Denn diese Form der apostolischen Administratur als dem Papst unmittelbar unterstellte – eigentlich zeitlich befristete – Leitung eines Bischofssitzes stellte einen wichtigen Kompromiss dar. Dennoch bemühte sich die Partei- und Staatsführung auch in den folgenden Jahren um eine endgültige Anerkennung der DDR-Gebiete als Bistümer. Auch die Verhandlungen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und der SED-Führung setzten sich über das Jahr 1973 hinweg fort.118 Beide Vorhaben konnten trotz zahlreicher Bemühungen seitens der SED bis zum Ende der DDR nicht mehr abschließend geklärt werden, da nicht zuletzt die Partei- und Staatsführung in der UdSSR diplomatische Beziehungen mit dem Vatikan unterband.119
Einen weiteren Themenschwerpunkt innerhalb der ZAIG-Berichterstattung über die katholische Kirche in der DDR stellten die innerkirchlichen Zusammenkünfte dar. Denn auch die Vertreter der katholischen Kirche rangen in ihren Sitzungen um ihre Stellung und ihr Selbstverständnis sowie um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Auflösungstendenzen und die Marginalisierung ihrer Kirche in der sozialistischen DDR. Eine wichtige Rolle kam hierbei 1973 der Pastoralsynode zu. Diese Versammlung von hochrangigen Vertretern der Jurisdiktionsbezirke der katholischen Kirche in der DDR war seit 1969 vorbereitet worden, begann 1973 und dauerte bis 1975 an. Anders als bei den evangelischen Kirchen berichteten die MfS-Mitarbeiter hier allerdings nicht über alle Sitzungen. Vielmehr setzt sich eine Information mit den Vorbereitungen der Synode120 und eine mit der zweiten Synodensitzung im Oktober 1973 auseinander,121 während die Berichterstattung zur Auftaktsitzung im März 1973 unterblieb. Ein genauerer Blick zeigt, dass die Informationen vor allem innerkirchliche Debattenbeiträge wiedergeben, die die Stellung der eigenen Kirche und das Wirken in der DDR thematisieren. Unter den Kirchenvertretern bestand Einigkeit darüber, sich selbst als eine Diasporakirche in einem atheistischen Umfeld zu definieren. Doch über die Schlussfolgerungen aus dieser Erkenntnis herrschte Uneinigkeit. Während einige Synodale für eine ertragende und theologisch fokussierte Zurückhaltung plädierten, sprachen sich andere für einen stärkeren innerkirchlichen und in die Gesellschaft hineinwirkenden Diskurs über Freiheit und Selbstbestimmung und damit auch für eine stärkere Auseinandersetzung mit dem politischen System der DDR aus.122 Gerade die Errichtung der ständigen apostolischen Administraturen verliehen diesen Fragen nun eine neue Brisanz. Denn damit wurden die ostdeutschen Bistumsgebiete nicht nur von den westdeutschen Bistumssitzen unabhängig, sondern die katholische Kirche in der DDR konstituierte sich nun faktisch als eigenständig. Daher setzten sich die katholischen Versammlungen vorrangig mit den Themen »Leben aus dem Glauben in der Welt von heute« und »Glaube heute« auseinander. Wie in den protestantischen Kirchen konnte die Frage der Selbstverortung auch in der katholischen Kirche im Jahr 1973 nicht gelöst werden. Das Ringen um ein eigenes Selbstverständnis sollte sich bis zum Ende der DDR fortsetzen und die Kirchen ebenso wie die Staatssicherheit anhaltend beschäftigen.
2.5 Industrie und Wirtschaft
Mit der Öffnung der DDR zu westlichen Staaten, insbesondere zur Bundesrepublik, mehrten sich in der Partei- und Staatsführung die Befürchtungen hinsichtlich einer erleichterten Kontaktaufnahme zwischen westdeutschen Bürgern und Geheimnisträgern in der DDR, insbesondere aus den Bereichen der Wirtschaft, Forschung und Entwicklung. Die Sorgen der SED-Führung waren groß, die neuen Reisebestimmungen und der damit einhergehende Anstieg grenzüberschreitender Kontakte könnten den Verrat von Betriebs- und Staatsgeheimnissen erleichtern.123 Dies spiegelt sich auch in den ZAIG-Informationen, die nicht nur über Vergehen in der Industrie und Wirtschaft berichteten, sondern vor allem auch über sicherheitsrelevante Verbindungen von DDR-Unternehmen oder einzelnen Akteuren zu westdeutschen Firmen und Institutionen. Im Jahr 1973 informierten sie vornehmlich über staatsgefährdende Handlungen leitender Angestellter in Industrie- und Außenhandelsbetrieben. Dabei traten bestimmte Delikte auffallend häufig in Erscheinung wie der Missbrauch von Amtsbefugnissen, Verstöße gegen die Rechtsbestimmungen zum Außenhandel, die Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen zu Handelspartnern in nichtsozialistischen Staaten oder die Ausnutzung von Handelsbeziehungen in das nichtsozialistische Ausland zum eigenen Vorteil. Insbesondere Geheimnisverrat, die Bevorzugung westdeutscher vor RGW-Kooperationspartnern oder der Einsatz schad- bzw. mangelhafter westdeutscher Produkte in DDR-Betrieben hatten nach MfS-Einschätzung zu einer massiven Schädigung der DDR-Wirtschaft 1973 geführt. Hinzu kamen der Vorwurf der Bestechlichkeit oder Verstöße gegen die Reisekaderordnung.
In diesem Zusammenhang war besonders die Glas- und Keramikindustrie in den Blick geraten. Wiederholt war es hier zu Vorfällen gekommen, die nicht nur die Staatssicherheit, sondern auch das SED-Politbüro beschäftigten.124 Von insgesamt sieben ZAIG-Informationen zu »feindlichen Handlungen« in Industriebetrieben befassten sich drei mit Unternehmen aus diesem Sektor. Eine herausgehobene Stellung nimmt hier der Industriezweig »Technisches Glas« ein, der unter anderem für die Produktion von optischen Glaserzeugnissen für den wissenschaftlichen Gerätebau, von Rohrleitungen und technischen Glasanlagen für die Lebensmittel- oder chemische Industrie oder von Hauswirtschaftsglas verantwortlich war. Diesem industriellen Bereich kam in der DDR eine große Bedeutung zu, denn viele andere Forschungs- und Industriezweige waren in ihrer täglichen Arbeit auf die hier produzierten Waren angewiesen. Da es in einzelnen Betrieben 1973 wiederholt zu Qualitätsmängeln sowie einer Untererfüllung des Produktions- und Forschungsplanes gekommen war, berichtete nicht nur die ZAIG über betroffene Betriebe, sondern auch der Ministerrat beschäftigte sich 1973 mit der weiteren Entwicklung des Industriezweiges »Technisches Glas«.125 Die hier bestehenden Probleme führten sowohl die MfS-Mitarbeiter als auch die Berichterstatter des Ministerrats hauptsächlich auf zwei Problemkomplexe zurück: unzureichende Führungsarbeit sowie »Sorglosigkeit gegenüber gezielter Feindtätigkeit kapitalistischer Konzerne«.126 So berichteten die ZAIG-Mitarbeiter im Mai 1973 über kriminelle Aktivitäten im »VEB Glaswerk Schott und Genossen Jena«, wo leitende Mitarbeiter Forschungs- und Entwicklungsergebnisse an westliche Geheimdienste und Unternehmen weitergegeben hätten. Bei diesen Vorwürfen kam jedoch eine Besonderheit des VEB zum Tragen. Denn der Betrieb ging auf das 1884 gegründete Unternehmen »Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen« in Jena zurück, das nach 1945 enteignet und durch seinen ursprünglichen Besitzer Erich Schott 1952 in Mainz wieder neu aufgebaut worden war. Zwischen den Mitarbeitern des in der DDR verbliebenen Betriebes und der Firmenleitung des in Mainz neu angesiedelten Unternehmens bestanden auch noch in den 1970er-Jahren Geschäftsbeziehungen. Diese beäugten die MfS-Mitarbeiter seit Langem argwöhnisch. Nun, 1973, warfen sie der in der DDR ansässigen Firma »illegale Kooperationsbeziehungen« vor. Diese hätten etwa die Preisvergabe für die hauseigenen Produkte negativ beeinflusst, zum Ankauf von veralteten oder unausgereiften Maschinen geführt sowie das Ansehen und die Marktfähigkeit des Industriezweiges »Technisches Glas« international nachhaltig geschädigt. Zudem sei das westdeutsche Unternehmen durch Mitarbeiter des VEB bevorteilt worden, da es beim Export bestimmter Waren bevorzugt worden sei sowie Sonderprovisionssätze und Geheiminformationen erhalten habe. Den Höhepunkt bildete hierbei die Enttarnung von zwei Agenten westlicher Geheimdienste, die über viele Jahre hinweg technische Störungen verursacht, Geheimnisse verraten und den Import von funktionsuntüchtigen Maschinen erwirkt haben sollten. Weitere Delikte wie Dokumentenfälschung, Veruntreuung von Geldern, Bestechung, illegale Warenexporte, Beihilfe zur Republikflucht für Glasfacharbeiter rundeten den Vorwurf ab, dass die Mainzer Unternehmensleitung die Mitarbeiter des ostdeutschen VEB zur Sabotage des eigenen Unternehmens angestiftet hätte, um die firmeneigene Konkurrenz im Osten auszuschalten und sich eine weltweite Monopolstellung insbesondere in den sozialistischen Ostblockstaaten zu sichern.127
Im November 1973 folgte schließlich eine Information, in der der bereits im Mai beschuldigte ehemalige Generaldirektor des »VEB Glaswerk Schott und Genossen Jena« dem ehemaligen Direktor für Beschaffung und Absatz im »VEB Kombinat Baukeramik« dabei behilflich gewesen sein soll, Dokumente zu fälschen und unerlaubte Produktexporte in die Bundesrepublik und nach Westberlin durchzuführen. Auch in diesem VEB hätten Mitarbeiter westdeutsche Unternehmen bevorzugt und ihnen Preisnachlässe von bis zu 50 Prozent gewährt, Exportlieferungen falsch deklariert oder ungerechtfertigte Reklamationen angenommen. Sowjetische Firmen hätten hingegen zum Teil Ware minderer Qualität erhalten.128
Ähnliche Berichte lassen sich auch zu anderen Wirtschaftsbereichen finden. Sie behandeln in der Mehrzahl Fälle von Bevorteilung nichtsozialistischer, insbesondere westdeutscher Unternehmen zum Nachteil der DDR-Volkswirtschaft. Die Beschuldigten hätten sich auch hier zumeist der Dokumentenfälschung, Daten- und Finanzmanipulation, der Bestechung und des Geheimnisverrates schuldig gemacht und als »Feinde des Sozialismus« erwiesen. Selbst strukturelle Probleme in den Kombinaten und Betrieben wurden nicht selten den aus der Sicht der MfS-Mitarbeiter kriminell handelnden Personen mit angelastet. Damit fügen sich auch die ZAIG-Berichte zur Wirtschaft und Industrie in der DDR in die große Erzählung der MfS-Mitarbeiter des Jahres 1973 ein, nach der die internationale Entspannung und die politische Öffnung der DDR zur Bundesrepublik schwerwiegende Sicherheitsgefahren mit sich bringen würden, die letztlich das Risiko einer deutlichen Schwächung der politischen und gesellschaftlichen Stabilität im Land in sich bargen.129
3. Die ZAIG im Jahr 1973
Wissen ist Macht – dessen waren sich die MfS-Mitarbeiter bei der Informationsverteilung an Funktionäre der Staats- und Parteiführung bewusst. Die ZAIG stellte hierbei eine entscheidende Schnittstelle zwischen den einzelnen Fachabteilungen, dem Minister für Staatssicherheit und der Partei- und Staatsführung dar. Personell war sie im Jahr 1973 mit insgesamt 58 hauptamtlichen Mitarbeitern allerdings trotz ihrer großen Bedeutung im MfS aus Sicht ihres Abteilungsleiters Werner Irmler nur unzureichend ausgestattet.130 Denn nachdem Minister Erich Mielke 1968 den Umbau der ZAIG zu einem ihm direkt unterstellten »Funktionalorgan«131 befohlen hatte, waren die Mitarbeiterzahlen im darauffolgenden Jahr zwar sprunghaft von 38 auf 58 Mitarbeiter angestiegen. Seitdem stagnierten sie jedoch, obwohl die ZAIG etwa mit der Hinzugewinnung des Bereichs »Einsatzvorbereitung und effektive Nutzung der EDV und der Mikrofilmtechnik« im Jahr 1969 auf insgesamt drei Bereiche angewachsen war.132 Weitere Aufgabenzuwächse wie die Sammlung, Prüfung und Aufbereitung von zentralen Leitungsentscheidungen im MfS oder die einheitliche operative Statistik folgten.133 Zudem führten sowohl die deutsch-deutschen Vertragswerke wie der »Grundlagenvertrag« oder das »Transitabkommen« als auch die Reisevereinbarungen mit der VR Polen und der ČSSR134 zu einem ungeplanten zusätzlichen Anstieg des Arbeitsaufkommens in der ZAIG.135 Insgesamt 14 geplante Neueinstellungen im Jahr 1973 sollten die personellen Engpässe beheben,136 doch die vorhandenen Planstellen konnten nicht mit geeigneten Mitarbeitern besetzt werden.137 Denn an die ZAIG-Mitarbeiter wurden hohe Anforderungen gestellt. Um ausreichend qualifiziert zu sein, sollten sie zuvor in den Auswertungs- und Informationsgruppen der Bezirksverwaltungen Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt haben.138 Sie sollten zudem neben dem Grundlagenwissen zur politisch-operativen Arbeit, mehrjährigen praktischen Erfahrungen und der richtigen politischen Einstellung auch ein »selbstständiges und schnelles Reaktionsvermögen auf aktuelle politische Ereignisse und Entwicklungen« sowie die Befähigung »zum Erkennen politisch-operativer Schwerpunkte und wesentlicher Zusammenhänge« mitbringen.139 Zudem bestand für MfS-Mitarbeiter die Möglichkeit, nach einem Studium direkt in die ZAIG einzutreten. So veranlasste der ZAIG-Leiter Irmler im September 1972 die Einstellung von ausgewählten Studenten der Juristischen Hochschule Potsdam-Eiche, die nach einem Auswahlverfahren ab Sommer 1973 ihren Dienst beginnen sollten.140
4. Berichterstattung im Jahr 1973
Der ZAIG kam einerseits die Funktion einer serviceorientierten Informationszentrale zu, die Wissen nicht selbst generierte, sondern aus den Fachbereichen sammelte, speicherte und sowohl für interne als auch externe Funktionäre aufbereitete.141 Andererseits waren die ZAIG-Mitarbeiter an dem mehrstufigen Selektionsverfahren im Vorlauf der Fertigstellung einer Information aktiv beteiligt. So entschied Erich Mielke in der Regel selbst, was wann berichtswürdig war. Da Mielke seit 1971 Kandidat des SED-Politbüros war, konnte er nicht nur die dortigen Debatten unmittelbar verfolgen, sondern erhielt seitdem u. a. auch die Materialien und Sitzungspläne.142 Für die langfristigen Planungen innerhalb der ZAIG stellen gerade diese Pläne eine wichtige Basis dar. Denn nach der Themenauswahl durch den Minister erhielt sie die Übersichten zur Weitergabe an die Fachbereiche. Dies geht aus einem Anschreiben des ZAIG-Leiters Werner Irmler an alle MfS-Hauptabteilungs- und Abteilungsleiter vom August 1973 hervor, mit dem er allen »im Auftrag des Genossen Minister« Auszüge aus dem Arbeitsplan des SED-Politbüros für das zweite Halbjahr 1973 übersandte. Über die aus diesen Auszügen ersichtlichen »zur Beratung und Beschlussfassung stehenden Probleme« hatte dann eine Abstimmung aller Hauptabteilungs- und Abteilungsleiter im MfS zu erfolgen. Diese sollte eruieren, welche Informationen und Materialien der Minister selbst als Politbürokandidat bzw. später -mitglied benötigen würde und »zu welchen Problemen eine entsprechende Informierung der Parteiführung erfolgen müsste«.143 Nach diesem Abstimmungsprozess der höchsten Hierarchien im MfS entschieden die operativen Mitarbeiter, leitenden Kader und Auswerter in den Fachabteilungen und Bezirksverwaltungen über die konkreten Inhalte der weiterzugebenden Ermittlungsergebnisse, die sie dann über ihre jeweiligen Hauptabteilungs- bzw. Abteilungsleiter in Berichtsform an die ZAIG weitergaben. Gleich einem »institutionellen Nadelöhr«144 setzten dann die Auswerter und Analysten in der ZAIG bei der Verarbeitung der zusammengetragenen Informationen wiederum eigene Schwerpunkte, die sich aus einem Konglomerat an operativen Leitungsvorgaben, sicherheitspolitischen Agenden sowie tagespolitischen Notwendigkeiten ergaben und die nicht zuletzt die Erwartungen des abzeichnenden Ministers erfüllen mussten.145
Doch die ZAIG-Informationen waren keine reine Unterrichtung der Partei- und Staatsführung. Sie dienten auch dazu, politische Themen zu setzen und auf Entwicklungen aufmerksam zu machen, die im MfS als (sicherheits-)politisch relevant eingestuft worden waren.146 Mithilfe der ZAIG-Informationen versuchten die MfS-Mitarbeiter folglich auch, die Parteiführung für ihre sicherheitspolitischen Bedenken zu sensibilisieren und damit Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen.147 So erreichte Honecker im Februar 1973 ein Bericht, der sein Augenmerk auf mögliche Gefahren beim Abschluss von bilateralen Verträgen mit kapitalistischen Staaten lenken sollte. Die Verfasser machten darin auf mögliche vertragliche Spielräume aufmerksam, die zugunsten einer Ausdehnung der Reise-, Ein- und Ausfuhrbestimmungen von und nach Westberlin für diplomatische Vertretungen sowie der Reise- und Aufenthaltsregelung von Missionsangestellten ausgelegt werden könnten. Zu große Spielräume für Mitglieder der ausländischen Missionen wie visafreies Reisen innerhalb und über die DDR-Grenzen hinweg sowie Immunität für alle Missionsangestellten würden den Interessen, insbesondere den Sicherheitserfordernissen der DDR entgegenstehen.148 Damit brachten die MfS-Autoren nicht nur ihren Drang zur umfassenden Kontrolle aller vorhandenen und wahrscheinlichen Sicherheitsrisiken im Land und an dessen Grenzen zum Ausdruck, sondern verknüpften sicherheitspolitische Informationen auch mit dem eigenen, der internationalen Entspannungspolitik entgegenstehenden politischen Kurs. Die neue internationale Lage ließ innerhalb der Staatssicherheit neue sicherheitspolitische Fragen entstehen. Insgesamt schlugen sich die voranschreitende internationale Anerkennung der DDR, der Grundlagenvertrag und die Reiseerleichterungen sowie die Weltfestspiele in Ostberlin im Jahr 1973 in einem erhöhten Informationsaufkommen in der ZAIG nieder. Denn mit 330 Inlandsinformationen an die Partei- und Staatsführung ist das Berichtsjahr 1973 eines der Spitzenjahre, was die Zahl der Inlandsmeldungen anbelangt.
Die ZAIG war im MfS allerdings nicht die einzige Stelle, die Informationen an die Partei- und Staatsführung weitergab. Vielmehr bestanden zahlreiche informelle Kanäle zwischen den einzelnen MfS-Fachabteilungen sowie den Parteiorganisationen im MfS und Personen der Partei- und Staatsführung, über die auch Berichte weitergereicht und Informationen ausgetauscht wurden.149 Dies spiegelt sich nicht zuletzt partiell in den Verteilern der ZAIG-Informationen wider. Denn hier lassen sich hinter manchen Namen kurze Vermerke darüber finden, dass diese Information über die zuständige Fachabteilung des MfS und nicht durch die ZAIG an den Empfänger ausgegeben wurde.150
Die Informationen der ZAIG an MfS-externe Personen trugen einen formalisierten Charakter, denn ihre Niederschrift erfolgte nach klaren Vorgaben. Der Dokumentenkopf war standardisiert hinsichtlich des Layouts, der Titelvergabe, der fortlaufenden Nummerierung innerhalb eines Jahres sowie der Datierung. Die Texte selbst folgten einem festgelegten Schema mit einer kurzen Einführung mit den wichtigsten Informationen zum konkreten Ereignis, einem ausführlicheren Hauptteil zu den Hintergründen des Ereignisses und der dabei handelnden Personen sowie einer abschließenden kurzen Passage mit Informationen zu den bisher eingeleiteten und noch geplanten Sicherheitsmaßnahmen.151 Unterschiedliche Schreibstile und inhaltliche Wiederholungen innerhalb eines Textes lassen in manchen Informationen zudem den Schluss auf mehrere Autoren zu, während andere Berichte aus einem Guss zu sein scheinen. Zahlreiche überklebte oder herausgeschnittene Stellen und zum Teil unterschiedliche Korrekturstile innerhalb eines Dokumentes zeugen von einem umfassenden Korrekturwesen.152 Die Ausgabe der Informationen an die im Verteiler genannten Personen wurde ebenso schriftlich dokumentiert wie ihre Rückgabe. Quartalsweise gefertigte »Übersichten über Informationsrücklauf« hielten diejenigen Berichte fest, die ihren vorgeschriebenen Weg nicht zurückfanden,153 denn nicht alle externen Empfänger retournierten die als »geheim« deklarierten Berichte auch.
Wann eine Information erstellt wurde, variierte dabei von Fall zu Fall stark. Unter den Informationen, die über ein konkretes, klar zu datierendes Ereignis berichteten, befanden sich solche, die noch am Tag des berichteten Ereignisses oder binnen 48 Stunden entstanden. Andere hingegen wurden im Jahr 1973 bis zu 52 Tage nach den wiedergegebenen Geschehnissen abgeschlossen. Diese bis zu fast zwei Monate später erfassten Ereignisse waren unterschiedlichste Begebenheiten wie die Tagung der Konferenz der Kirchenleitungen der evangelischen Kirche in der DDR (52 Tage),154 die Konferenz der katholischen Studentenpfarrer der Bundesrepublik und der DDR in Ostberlin (40 Tage),155 der Verbleib eines DDR-Physikers nach einer dienstlichen Auslandsreise in der Bundesrepublik (35 Tage)156 oder Steinwürfe aus Westberlin gegen die DDR-Grenzanlagen (32 Tage).157 Insgesamt wurden 1973 zehn Berichte einen Monat oder später nach dem berichteten Ereignis abgeschlossen, während 33 Informationen eine Woche bis einen Monat später entstanden. Die Mehrzahl der Informationen über ein konkretes Ereignis berichteten der Partei- und Staatsführung hingegen binnen einer Woche oder schneller. So entstanden 70 Inlandsberichte nach drei bis sieben Tagen und 93 Informationen innerhalb von 48 Stunden.
Ein genauerer Blick auf die Datierung der ZAIG-Informationen des Jahres 1973 zeigt, dass sich Informationskonjunkturen ausfindig machen lassen. Denn in den fünf Monaten April (31), Juni (28), Juli (52), August (54) und September (36) entstanden besonders viele Inlandsberichte.158 Zudem kam es montags wiederholt zu einer Berichtshäufung. Die Vermutung liegt nahe, dass zu Wochenbeginn die angehäuften Ereignisse des Wochenendes berichtet wurden. Insgesamt 104 Informationen berichteten über Ereignisse des vorhergehenden Wochenendes von Freitagabend bis Sonntagabend. Die Mehrzahl von ihnen, 45 Berichte, wurden am darauffolgenden Montag abgeschlossen, während etwa dienstags mit 20 oder donnerstags mit acht Informationen deutlich weniger verfasst wurden. An den arbeitsreduzierten Samstagen entstanden monatlich durchschnittlich nur eine bis zwei Inlandsinformationen – in den Monaten März, September und Oktober gar keine. Nur am ersten Sommerferienwochenende vom 7. bis 9. Juli 1973 und am Wochenende der X. Weltfestspiele vom 27. bis 29. Juli 1973 entstanden, wenig verwunderlich, auch sonntags insgesamt acht Inlandsberichte.
Ein genauer Blick in das Postausgangsbuch der ZAIG und die Zuteilung der Berichte am Beispiel Erich Honeckers zeigt, dass Honecker in 46 von insgesamt 52 Wochen Berichte aus der ZAIG erhielt. Während manche Monate wie Januar, Oktober, November oder Dezember hier eher von Auslandsberichten dominiert waren, überwog etwa im Juni die Inlandsberichterstattung an den obersten SED-Funktionär. Die Informationsverteilung folgte dabei allerdings nicht unbedingt der zeitlichen Abfolge des politischen Prozesses. Denn Honecker erhielt dienstags, am Sitzungstag des Politbüros, mit insgesamt 22 Inlandsinformationen und donnerstags, am Sitzungstag des Ministerrates, mit insgesamt 21 Informationen im Jahr 1973 sogar weniger Berichte aus der ZAIG als an den Wochentagen Montag (28) und Freitag (25). Nur der Mittwoch erscheint mit insgesamt zehn Berichten vergleichsweise ruhig. Es lässt sich somit kein formales Verfahren erkennen, nach dem Honecker an bestimmten Tagen zu bestimmten Themen unterrichtet worden wäre. Ebenso konnte kein Muster in der Anzahl der verteilten Berichte ausgemacht werden. An einem Tag konnte Honecker nur einen Bericht erhalten, während er an einem anderen Tag bis zu 13 Informationen aus der ZAIG bezog.159
5. Verteiler und Rezeption
Wie groß das Interesse der Adressaten an den Informationen war und ob sie in die politischen Prozesse der Partei- und Staatsführung einflossen, lässt sich im Nachhinein nur schwer feststellen. Vereinzelte Zufallsfunde von nicht zurückgegebenen Exemplaren wie dem oben angeführte Honecker-Exemplar160 zeigen allerdings, dass sie gelesen wurden. Inwiefern die ZAIG-Berichtsinhalte Themen oder Debatten in den jeweiligen Parteisitzungen beeinflussten, ließ sich bislang nicht nachvollziehen. Da ihre Ausgabe allerdings nicht in allen Fällen regelmäßig und systematisch erfolgte, bestätigt sich auch hier die bereits in anderen Bänden aufgestellte These der »anlassbezogene[n] Informationspolitik«,161 fokussiert auf den Parteichef. So erhielt Honecker aus dem Jahr 1973 insgesamt 478 ZAIG-Informationen, von denen sich 121 Berichte mit Inlandsereignissen beschäftigten. Damit erhielt er auch 1973 im Vergleich zu den übrigen 59 externen Empfängern von Inlandsinformationen mit Abstand die meisten ZAIG-Berichte. Hier überwogen die Themen Grenzkonflikte und Flucht mit 56 Fluchtberichten und 24 Berichten zu Grenzvorfällen deutlich vor Ein- und Ausreisestatistiken (11), Informationen zu regimekritischer »Hetze« (5), zu kirchenpolitischen Angelegenheiten (5), zu Terror (2) oder Unfällen (2) sowie Brandlegung (1) oder Gewaltverbrechen (1). Dieser Befund deckt sich mit der vorherigen Feststellung, dass die Flucht- und Grenzproblematiken 1973 deutlich im politischen Fokus standen.
Nach Honecker waren der ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen Paul Verner in 79 und die KGB-Außenstelle Berlin-Karlshorst in 63 Informationsverteilern als Empfänger vorgesehen. Damit bestätigt sich im Jahr 1973 ein Forschungsbefund, der sich bereits im Vorjahr gezeigt hatte, nämlich eine deutlich angestiegene anlassbezogene Unterrichtung des KGB durch das MfS.162 Auch im Jahr 1973 ließ sich der sowjetische Geheimdienst vornehmlich über die Folgen der neuen Ausreise-, Besuchs- und Durchreisebestimmungen unterrichten. Daher stellten Informationen zu Flucht- und Grenzzwischenfällen sowie Ein- und Ausreisen hier Themenschwerpunkte dar. Zudem interessierte sich der KGB – wenig überraschend – für die aktuelle Sicherheitslage in Ostberlin und der DDR während der Weltfestspiele. Insgesamt elf von zwölf Berichten hierzu erhielt seine Außenstelle in Berlin-Karlshorst. Abgesehen von Honecker gingen insgesamt 157 Informationen aufgeteilt an 14 Mitglieder des SED-Politbüros.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Informierung von Ministern und Ministeriumsangehörigen. Hier sollten 25 Personen 1973 aufgeteilt insgesamt 127 Informationen erhalten. Auch für das Jahr 1973 bestätigt sich, dass die Informationen den jeweils thematisch zuständigen Funktionären zugesandt wurden.163 So erhielt Hans-Joachim Hoffmann, bis 1973 Abteilungsleiter für Kultur beim ZK der SED und anschließend Minister für Kultur, insgesamt fünf Informationen, die sich alle mit Themen und Personen des Kunst- und Kulturbetriebes in der DDR beschäftigten. Auch der Minister für Nationale Verteidigung Heinz Hoffmann erhielt im Jahr 1973 insgesamt 24 Berichte, die alle über Grenzvorfälle und Angelegenheiten der NVA informierten. Allerdings ist es bemerkenswert, dass weder Hans-Joachim Hoffmann noch Heinz Hoffmann alle Informationen erhielten, die für ihren Aufgabenbereich relevant gewesen wären. Welche Gründe Mielke bewogen, die zuständigen Funktionäre in den Verteiler aufzunehmen oder auszuschließen, bedarf weiterer Forschungen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Verteiler auf den Informationen in vielen Fällen von den tatsächlichen Empfängerkreisen abweichen. Eine Durchsicht des für 1973 aufgesetzten Postausgangsbuchs der ZAIG, in dem alle aus der ZAIG hinausgegangenen Informationen und ihre Empfänger verzeichnet sind, zeigt, dass in vielen Fällen Personen des Verteilers nicht als Empfänger im Postausgangsbuch aufgenommen sind oder Personen eine Information erhielten, die gar nicht im Verteiler standen.164 So hatte etwa Paul Verner auch noch im Jahr 1984 eine Information über den privaten Ostberlin-Besuch von Hilda Heinemann, der Ehefrau des damaligen Bundespräsidenten, einbehalten, obwohl er auf dieser Information gar nicht im Verteiler stand.165 In anderen Fällen erhielten laut Postausgangsbuch zusätzliche Personen zwar Materialien zu einzelnen Informationen, aber nicht die Informationen selbst, obwohl sie nicht im Verteiler standen.
6. Druckauswahl und Formalia
In dieser Buchausgabe liegt eine Auswahl der edierten Dokumente des Jahres 1973 vor. Die Zusammenstellung umfasst sowohl standardmäßige Berichte als auch Exemplare mit besonderen formalen oder inhaltlichen Auffälligkeiten. In ihrer Gesamtheit sollen sie einen Eindruck von der innenpolitischen Dynamik des Jahres und der Vielfalt der wiedergegebenen Ereignisse vermitteln. Die Abschriften aller edierten Berichte des Jahres 1973 sind vollständig auf der Website https://1973.ddr-im-blick.de abrufbar. In Form einer Datenbank ist hier auch eine elektronische Volltextrecherche möglich.
Die Wiedergabe der Dokumente folgt grundsätzlich dem Original. Die Rechtschreibung ist den heute gültigen Regeln angeglichen. Während kleinere Tipp- und Rechtschreibfehler stillschweigend korrigiert werden, bleiben größere Orthografie- und Grammatikfehler aus Gründen der Quellenauthentizität unverändert und sind mit einer erläuternden Fußnote versehen. Ungewöhnliche Abkürzungen werden stillschweigend in übliche umgewandelt oder ausgeschrieben. Eventuelle Unterstreichungen, Randvermerke und Einkreisungen werden im Dokumentenkopf erwähnt, wenn sie gleichmäßig einen Großteil des Textes betreffen. Auf besondere Markierungen einzelner Wörter oder Sätze wird in einem Fußnotenkommentar aufmerksam gemacht.
Der Jahrgang 1973 weist in den Dokumentenköpfen einige Besonderheiten auf. Dazu gehören die bereits erwähnten Weiterleitungsvermerke in den Verteilern, die Hinweise auf die Kommunikationskanäle des MfS in den Staats- und SED-Apparat geben. Zum anderen weisen viele Berichte zwei Datierungen auf, die in der Regel einige Tage voneinander abweichen. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um das Datum der Bestätigung der Verteilervorschläge, die nicht in der ZAIG, sondern wahrscheinlich im Vorzimmer des Ministers erfolgten. In vielen Fällen sind die späteren Daten mit dem Tag des Postausgangs bei der ZAIG identisch. Die abweichenden Datierungen sind unter »Vermerke« erwähnt. Weist der Bericht nur ein Datum auf, wird dies wie üblich als Datum der Berichtsabfassung angenommen.
Gemäß § 32a des Stasi-Unterlagen-Gesetzes wurden die in den Texten erwähnten Personen der Zeitgeschichte sowie Amts- und Funktionsträger öffentlicher Institutionen vor der Veröffentlichung von Informationen zu ihrer Person benachrichtigt, wenn die Angaben nach einer Einordnung verlangen oder über ihre reine Funktionstätigkeit hinausgehen. Betroffene, die nicht zu diesen Personenkreisen gehören, wurden um eine Einwilligung für die Publikation von Daten zu ihrer Person gebeten. Um den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten, war es bei einigen wenigen Berichten notwendig, Passagen, Personennamen oder Adressenangaben zu anonymisieren. Die Aussagekraft der Quellen wird dadurch aber in keiner Weise beeinträchtigt, da es sich hierbei in der Regel um weniger relevante Angaben handelt. Die mitunter sehr aufschlussreichen Anmerkungen und Richtigstellungen von Personen, die sich auf Nachfrage zu den sie betreffenden Aussagen der Berichte äußerten, wurden den Dokumenten als Fußnotenkommentar hinzugefügt.
7. Schlussbemerkungen
Rund zwei Jahre nach dem Wechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker an der Spitze des SED-Politbüros befand sich die SED-Führung 1973 vermeintlich auf Erfolgskurs. Der internationale Entspannungsprozess und die deutsch-deutschen Verständigungen hatten endlich die ersehnte weltweite Anerkennung der DDR als souveräner Staat und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit einer Vielzahl an Ländern erbracht. Der »große sowjetische Bruder« war angesichts politischer, militärischer und ökonomischer Krisen westlicher Staaten scheinbar im Aufwind. Im Verbund mit ihm konnte die SED-Führung sich und ihre DDR während der X. Weltfestspiele in Ostberlin, dem propagandistischen Höhepunkt des Jahres, als friedliebend und weltoffen präsentieren. Doch ansteigende Flüchtlingszahlen insbesondere unter gut ausgebildeten Fachkräften aus systemrelevanten Bereichen, öffentlichkeitswirksame Grenzprovokationen und oppositionelles Verhalten sowie Fälle von Wirtschaftsspionage traten im Jahr 1973 gehäuft auf. Sie bestätigten die MfS-Mitarbeiter in ihrem ablehnenden Kurs gegen die internationale Entspannung. Obwohl sie nach außen hin die Öffnungspolitik ihrer Partei mittragen musste, war die Staatssicherheit in ihrem Innern äußerst angespannt. Als kompensatorisches Gegengewicht nutzten die MfS-Mitarbeiter u. a. ihre Berichte an die Partei- und Staatsführung dazu, unablässig auf (ihre) Grenzen der politischen Entspannung hinzuweisen und auf eine Rücknahme allzu großer Freizügigkeit hinzuwirken. Zugleich zogen sie die repressiven Schrauben gegenüber fluchtgefährdeten und nicht regimekonformen Personengruppen an. Doch letztlich konnten sie die internationale Entspannungspolitik nicht aufhalten, die zwei Jahre später schließlich in die Schlussakte von Helsinki münden und damit der Flucht- und Oppositionsbewegung nicht nur im eigenen Land neuen Auftrieb geben sollte.
8. Anhang: Adressaten der Berichte 1973
Tabelle 1: Adressaten der Berichte 1973 außerhalb des MfSName, Vorname, Funktion | Information Nr. (auch der O- bzw. K-Berichte) | Anzahl |
|---|---|---|
Arndt, Otto (Jg. 1920) | 6 | |
Axen, Hermann (Jg. 1916) | 4 | |
Barth, Willi (Jg. 1899) | 18, 64, 123, 194, 251, 317, 322, 334, 336, 359, 452, 478, 486, 495, 496, 546, 588, 622, 644, 650, 726, 740, 858, 950, 987, 1124, 1156, 1172, 1188, 1204, 1285, 1316 | 32 |
Böhme, Hans-Joachim (Jg. 1931) | 1 | |
Böhm, Siegfried (Jg. 1928) | 2 | |
Dickel, Friedrich (Jg. 1913) ZK-Mitglied, Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei | 263, 310, 363, 383, 390, 539, 579, 648, 684, 709, 714, 721, 730, 738, 741, 748, 753, 762, 767, 783, 848, 868, 983, 1057, 1189, 1287, 1306, 1314 | 28 |
Donda, Arno (Jg. 1930) | 3 | |
Ewald, Georg (Jg. 1926) | 6 | |
Ewald, Manfred (Jg. 1926) | 1 | |
Fichtner, Kurt (Jg. 1916) | 4 | |
Fischer, Oskar (Jg. 1923) | 3 | |
Florin, Peter (Jg. 1921) | 7 | |
Greiner-Petter, Werner (Jg. 1927) | 3 | |
Grüneberg, Gerhard (Jg. 1921) | 8 | |
Hager, Kurt (Jg. 1912) | 84, 274, 292, 317, 322, 338, 428, 459, 857, 924, 937, 965, 980, 1040, 1067a | 15 |
Hellmann, Rudolf (Jg. 1926) | 1 | |
Herrmann, Joachim (Jg. 1928) ZK-Mitglied, Chefredakteur »Neues Deutschland« | 1 | |
Hoffmann, Hans-Joachim | 5 | |
Hoffmann, Heinz (Jg. 1910) | 4, 29, 117, 375, 382, 406, 466, 516, 619, 641, 663, 667, 720, 727, 730, 738, 741, 748, 753, 762, 767, 956, 993, 1318 | 24 |
Honecker, Erich (Jg. 1912) | 4, 15, 17, 89, 102, 104, 192, 196, 243, 264, 265, 268, 278, 283, 298, 310, 316, 321, 329, 336, 338, 339, 349, 363, 367, 382, 383, 385, 389, 390, 400, 406, 411, 417a, 422, 464, 466, 474, 484, 503, 507, 516, 539, 540, 542, 543, 546, 554, 561, 562, 570, 586, 589, 591, 598, 612, 618, 620, 631, 641, 642, 653, 662, 666, 667, 668, 670, 687, 692, 693, 696, 699, 704, 707, 716, 720, 724, 727, 728, 732, 736, 737a, 752, 755, 766, 770, 772, 779, 782, 791, 922, 924, 935, 939, 940, 946, 947, 950, 956, 957, 959, 962, 972, 974, 981, 982, 987, 992, 993, 995, 999, 1000, 1003, 1014, 1016, 1017, 1190, 1204, 1306, 1314, 1318 | 121 |
Jarowinsky, Werner (Jg. 1927) | 3 | |
Keßler, Heinz (Jg. 1920) | 1 | |
KGB Berlin-Karlshorst (»AG«) | 104, 122, 124, 161, 224a, 264, 268, 310, 316, 328, 329, 339, 363, 382, 383, 389, 390, 464, 500, 511, 540, 561, 586, 627, 641, 642, 662, 696, 699, 704, 706, 707, 709, 714, 716, 720, 721, 728, 730, 732, 733, 736, 737a, 738, 741, 747, 748, 752, 753, 755, 766, 767, 770, 779, 781, 782, 783, 802, 811, 814, 950, 1040, 1190 | 63 |
Kleiber, Günther (Jg. 1931) | 3 | |
Kohl, Michael (Jg. 1929) | 15, 144, 192, 224a, 277, 328, 389, 406, 411, 466, 561, 814, 888 | 13 |
König, Herta (Jg. 1929) | 8 | |
Krack, Erhard (Jg. 1931) | 1 | |
Krolikowski, Werner (Jg. 1928) | 8 | |
Kuhrig, Heinz (Jg. 1929) | 2 | |
Lamberz, Werner (Jg. 1929) | 94, 363, 383, 390, 519, 561, 586, 612, 696, 731, 737, 742, 802, 806, 811, 827, 857, 884, 924, 1040 | 20 |
Markowski, Paul (Jg. 1929) | 3 | |
Mecklinger, Ludwig (Jg. 1919) | 2 | |
Mitdank, Joachim (Jg. 1931) | 3 | |
Mittag, Günter (Jg. 1926) | 21, 30, 31, 79, 89, 233, 238, 243, 268, 276, 329, 349, 407, 417, 519, 540, 570, 609, 627, 995, 1099, 1101, 1119, 1213, 1303, 1309 | 26 |
Mückenberger, Erich (Jg. 1910) | 1 | |
Naumann, Konrad (Jg. 1928) | 10 | |
Neumann, Alfred (Jg. 1909) | 1 | |
Norden, Albert (Jg. 1904) | 2 | |
Poppe, Helmut (Jg. 1926) | 1 | |
Prey, Günter (Jg. 1930) | 1 | |
Rauchfuß, Wolfgang (Jg. 1931) | 4 | |
Roscher, Paul (Jg. 1913) | 1 | |
Scheibe, Herbert (Jg. 1914) | 4, 6, 29, 102, 117, 144, 145, 156, 161, 293, 375, 406, 500, 516, 648, 663, 706, 709, 714, 721, 730, 738, 741, 748, 753, 762, 767, 783, 1318 | 29 |
Schürer, Gerhard (Jg. 1921) | 1 | |
Schwanitz, Wolfgang (Jg. 1930) | 3 | |
Sindermann, Horst (Jg. 1915) | 4, 21, 30, 31, 79, 102, 104, 238, 243, 349, 407, 417, 539, 540, 554, 561, 570, 589, 609, 620, 642, 806, 875, 884, 1099, 1101, 1106, 1119, 1139, 1204, 1213, 1303, 1306, 1309, 1314 | 35 |
Sölle, Horst (Jg. 1924) | 5 | |
Stauch, Gerhard (Jg. 1924) | 1 | |
Steger, Otfried (Jg. 1926) | 2 | |
Stoph, Willi (Jg. 1914) | 117, 159, 161, 164, 238, 243, 308, 310, 338, 349, 363, 383, 390, 407, 417, 474, 641, 987, 995, 999, 1003 | 21 |
Verner, Paul (Jg. 1911) | 18, 64, 96, 117, 122, 123, 144, 145, 156, 159, 161, 194, 334, 452, 478, 486, 496, 503, 519, 546, 586, 588, 589, 642, 644, 650, 726, 731, 733, 734, 737, 788, 799, 800, 802, 803, 805, 806, 807, 808, 810, 811, 814, 818, 819, 822, 827, 829, 832, 833, 844, 848, 849, 855, 857, 858, 869, 870, 872, 874, 875, 884, 885, 886, 887, 896, 907, 908, 924, 935, 987, 1105, 1124, 1156, 1172, 1188, 1204, 1218, 1316 | 79 |
Wansierski, Bruno (Jg. 1904) | 1 | |
Warnke, Herbert (Jg. 1902) | 1 | |
Weiz, Herbert (Jg. 1924) | 1 | |
Willerding, Klaus (Jg. 1923) | 2 | |
Winzer, Otto (Jg. 1902) | 17, 156, 192, 321, 506, 523, 641, 652, 687, 691, 693, 758, 884, 907, 922, 940 | 16 |
Wyschofsky, Günther (Jg. 1929) | 5 |
Name, Vorname, Funktion | Information Nr. (auch der O- bzw. K-Berichte) | Anzahl |
|---|---|---|
Abteilung Agitation | 1 | |
Abteilung Finanzen | 8 | |
Abteilung X (Internationale Verbindungen) | 9 | |
Abteilung X (Internationale Verbindungen) | K1/40 | 1 |
Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)/Fahndungsführungsgruppe (FFG) | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin | 11 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin | 2 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Frankfurt/Oder | 2 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Halle | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt | 2 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Magdeburg | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Potsdam | 1 | |
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Rostock | 1 | |
Hauptverwaltung A | 3 | |
Hauptverwaltung A (Spionage), Sektor Wissenschaft und Technik | 3 | |
Hauptabteilung I (NVA, Grenztruppen) | 29, 375, 389, 406, 466, 516, 619, 620, 641, 663, 666, 667, 704, 720, 727, 736, 737a, 752, 755, 770, 833, 844, 896, 959, 974, 993, 1318 | 27 |
Hauptabteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel) | 92, 117, 328(Auszug), 362, 363, 364, 383, 389, 390, 530, 539, 542, 805, 814, 832, 888, 981, 982, 1056, 1173, 1186 | 21 |
Hauptabteilung VI | 3 | |
Hauptabteilung VI, Auswertungs- und Informationsgruppe (Leiter) | 1 | |
Hauptabteilung VII (Ministerium des Innern, Deutsche Volkspolizei) | 12 | |
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung) | 4 | |
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan) | 4, 6, 17, 29, 92, 102, 117, 238, 243, 265, 278, 283, 293, 298, 308, 310, 316, 317, 321, 339, 367, 375, 385, 406, 407, 411, 417, 422, 466, 470, 484, 500, 503, 506, 507, 516, 542, 543, 562, 586, 589, 591, 598, 618, 619, 620, 631, 641, 652, 653, 662, 663, 666, 667, 668, 670, 686, 692, 693, 704, 720, 724, 725, 734, 772, 788, 791, 799, 803, 805, 807, 808, 810, 819, 829, 832, 844, 848, 857, 869, 870, 872, 874, 875, 886, 887, 896, 907, 908, 939, 940, 946, 947, 957, 962, 972, 981, 982, 992, 993, 995, 999, 1000, 1014, 1016, 1017, 1106, 1139, 1166, 1318 | 110 |
Hauptabteilung IX | 2 | |
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft) | 3 | |
Hauptabteilung XVIII | 1 | |
Hauptabteilung XVIII | 470, 474, 478, 484, 486, 495, 496, 500, 503, 507, 937, 950, 962, 965, 972, 973, 980, 981, 982, 987, 991, 995, 999, 1000, 1003, 1014, 1016, 1017, 1318 | 29 |
Hauptabteilung XIX (Verkehr, Post, Nachrichtenwesen) | 2 | |
Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund) | 5 | |
Hauptabteilung XX | 1 | |
Hoffmann – nicht zuordbar | 6 | |
Minister für Staatssicherheit Mielke, Erich (Jg. 1907) | 89, 233, 277, 328, 338, 363, 382, 383, 390, 400, 539, 586, 641, 642, 662, 696, 699, 704, 707, 753, 767, 781, 783, 857, 924, 994, 1173, K1/41a, K2/5 | 29 |
Minister für Staatssicherheit Beater, Bruno (Jg. 1914) | 4, 15, 192, 196, 224a, 466, 484, 507, 523, 542, 543, 554, 579, 586, 642, 648, 652, 653, 662, 663, 666, 667, 704, 706, 709, 714, 716, 720, 721, 724, 728, 730, 732, 733, 734, 736, 737, 737a, 738, 741, 748, 752, 753, 755, 762, 767, 781, 782, 783, 788, 803, 805, 806, 807, 808, 810, 814, 819, 822, 829, 832, 833, 844, 855, 857, 869, 870, 872, 874, 886, 887, 888, 896, 907, 908, 922, 924, 935, 939, 940, 946, 957, 959, 962, 972, 981, 982, 983, 992, 993, 1000, 1003, 1014, 1017, 1056, 1057, 1286, 1287, K2/37, K1/41a, K1/41b, K2/5 | 102 |
Minister für Staatssicherheit Scholz, Alfred (Jg. 1921) | 620, 642, 706, 709, 714, 716, 720, 721, 728, 730, 732, 733, 736, 737, 737a, 738, 741, 748, 753, 762, 767, 782, 783 | 23 |
Minister für Staatssicherheit Schröder, Fritz (Jg. 1915) | 6, 17, 18, 21, 30, 31, 64, 79, 84, 89, 92, 96, 102, 104, 122, 123, 144, 159, 164, 194, 196, 233, 238, 243, 251, 264, 265, 268, 276, 283, 292, 308, 316, 317, 321, 322, 329, 334, 336, 338, 339, 359, 362, 363, 367, 383, 385, 390, 400, 407, 411, 417, 422, 428, 452, 546, 565, 570, 572, 586, 588, 589, 591, 598, 609, 612, 618, 622, 627, 631, 642, 644, 650, 652, 653, 659, 662, 668, 670, 686, 687, 692, 693, 696, 706, 709, 714, 716, 720, 721, 724, 725, 726, 728, 730, 731, 732, 733, 734, 736, 737, 738, 740, 741, 742, 748, 753, 762, 766, 767, 772, 779, 781, 782, 783, 788, 791, 799, 800, 802, 803, 805, 806, 807, 808, 810, 811, 812, 819, 822, 828, 832, 848, 849, 855, 857, 858, 869, 870, 872, 874, 875, 885, 886, 887, 908, 924, 1040, 1099, 1101, 1105, 1106, 1119, 1124, 1139, 1156, 1172, 1173, 1188, 1204, 1213, 1218, 1285, 1303, 1309, 1316, K1/41a | 159 |
Minister für Staatssicherheit Carlsohn, Hans (Jg. 1928) | 4 | |
Rechtsstelle | 5 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) | 5 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG)/Arbeitsgruppe (AG) | 9 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG)/ Dokumentation | 1 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG)/Einsatzgruppe (EG) | 706, 709, 714, 716, 720, 736, 737, 737a, 738, 742, 752, 755, 762, 766, 782, 783 | 16 |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG)/ Mappe | 1 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Irmler, Werner (Jg. 1930) | 11 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Seidel, Heinz (Jg. 1928) | 2 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Bausch, Karl (Jg. unbekannt) | 1 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) | 1 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Hackenberg, Günter (Jg. 1931) | 2 | |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Großer, Karl (Jg. 1929) | 668, K2/37 | 2 |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) | 263, 362, 363, 364, 390, 400, 530, 539, 586, 812, 983, 1088, 1173, 1186, 1189, 1195, 1236, 1279, 1286, 1287, 1317 | 21 |
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) Tannhäuser, Dieter (Jg. 1936) | 1 | |
Zentraler Operativstab (ZOS) | 2 | |
Zentraler Operativstab (ZOS)/Einsatzgruppe (EG) | 3 | |
Zentraler Operativstab (ZOS)/Arbeitsgruppe (AG) | 8 |