Entwicklung des Reiseverkehrs zwischen der DDR und Polen
15. Juni 1973
Information Nr. 554/73 über die Entwicklung des pass- und visafreien Reiseverkehrs zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen
1. Entwicklung des pass- und visafreien Reiseverkehrs
Seit dem Inkrafttreten des pass- und visafreien Reiseverkehrs zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen1 haben in der Zeit vom 1.1.1972 bis 31.5.1973 20 168 820 Bürger unserer beiden sozialistischen Staaten (2 235 994 Kfz) von den erweiterten und vereinfachten Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Reise- und Touristenverkehrs Gebrauch gemacht.
Davon reisten 8 105 716 Bürger der DDR (1 287 272 Kfz) in die VR Polen und 12 063 104 Bürger der VR Polen (948 722 Kfz) in die DDR.
Das Jahr 1972 war im Vergleich zum Jahre 1971 durch eine sprunghaft ansteigende Reisetätigkeit
- –
bei Reisen von Bürgern der VR Polen in die DDR um das 75-fache,
- –
bei Reisen von Bürgern der DDR nach der VR Polen um das 18-fache
gekennzeichnet.
Der Umfang des Reiseverkehrs im Jahr 1973, bezogen auf die Zeit vom 1.1.1973 bis 31.5.1973, wo 1 987 870 Bürger der VR Polen (146 382 Kfz) in die DDR und 1 313 513 Bürger der DDR (239 090 Kfz) nach der VR Polen gereist waren, zeigt, dass sich der pass- und visafreie Reiseverkehr bei Normalisierung der grenzüberschreitenden Reiseströme kontinuierlich weiter entwickelt.
Dazu folgende Übersicht:
Monat | Bürger der VR Polen | Bürger der DDR |
|---|---|---|
Januar | 253 672 | 110 465 |
Februar | 295 040 | 192 663 |
März | 441 228 | 246 293 |
April | 477 246 | 307 275 |
Mai | 520 684 | 456 817 |
insgesamt | 1 987 870 | 1 313 513 |
Die am stärksten frequentierten Grenzübergangsstellen sind – im Wesentlichen unverändert seit der Einführung des pass und visafreien Reiseverkehrs – die GÜST Görlitz/Straße, Frankfurt/Oder-Stadtbrücke und Wilhelm-Pieck-Stadt Guben, über die insgesamt 62,7 % des Ausreiseverkehrs und 64,7 % des Einreiseverkehrs registriert wurden.
Ausgehend von der Gesamtzahl der im pass- und visafreien Reiseverkehr an den Grenzübergangsstellen abgefertigten Bürger der VR Polen reisten ca. 90 % im Straßenverkehr, davon über die Hälfte als Fußgänger.
Die Mehrzahl der Bürger der VR Polen (85,5 %) reisen nach wie vor an den Wochentagen Montag bis Freitag. (Bei DDR-Bürgern beträgt dieser Anteil 58,1 %.)
Der Wochenendverkehr in beiden Verkehrsrichtungen zeigt seit Anfang Mai 1973 eine steigende Tendenz.
Der Umfang dieses Reiseverkehrs bestätigt damit nachdrücklich die außerordentlich hohe politische und historische Bedeutung des Abkommens über den pass- und visafreien Reiseverkehr vom 25.11.1971. Die Verwirklichung des geschlossenen Abkommens führt zunehmend zur Vertiefung der freundschaftlichen und brüderlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten und schaffte weitere Voraussetzungen, um den Bürgern unserer beiden sozialistischen Staaten das allseitige Kennenlernen der Errungenschaften des sozialistischen Aufbaus, der Geschichte, der Kultur und der Schönheiten unserer Länder zu erleichtern.
Das Ergebnis der Realisierung der am 30.11.1972 in Poznan zwischen den Vorsitzenden der Ministerräte der Volksrepublik Polen und der DDR gemeinsam vereinbarten Maßnahmen zur Gewährleistung der weiteren planmäßigen Entwicklung des pass- und visafreien Reiseverkehrs führte zu einer Normalisierung der grenzüberschreitenden Reiseströme in beiden Richtungen und zur Überwindung der im Jahr 1972 aufgetretenen Probleme und entwicklungsbedingten Schwierigkeiten,2 zur immer stärkeren Durchsetzung der politischen Zielsetzung des pass- und visafreien Reiseverkehrs, vor allem durch die steigende Tendenz des organisierten Tourismus.
2. Zur Entwicklung der gemeinsamen Grenzabfertigung und dem Zusammenwirken zwischen den Zollorganen beider Staaten
Auf der Grundlage des Staatsvertrages vom 16.7.1971 über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Verkehrswesens und des Regierungsabkommens über die gemeinsame Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs vom 25.11.19713 zeigte sich eine progressive Entwicklung der Zusammenarbeit beider Staaten in Bezug auf die Entwicklung der Abfertigung des Reise- und Touristenverkehrs.
Mit dem Wirksamwerden der zwischenstaatlichen Festlegungen wurde die Anzahl der an der gemeinsamen Staatsgrenze vorhandenen Grenzübergangsstellen beträchtlich erhöht.
Gleichzeitig wurde an einer Reihe von Grenzübergangsstellen die gemeinsame Kontrolle aufgenommen:
Grenzübergangsstellen Straße | neu eröffnet | gemeinsame Kontrolle |
|---|---|---|
Ahlbeck | 1972 | 1972 |
Linken | 1972 | 1972 |
Pomellen | [–] | 1972 |
Frankfurt/Oder – Stadtbrücke | 1972 | 1972 |
Frankfurt/Oder – Autobahn | [–] | 1972 |
Bad Muskau | 1972 | 1972 |
Wilhelm-Pieck-Stadt Guben | 1972 | 1972 |
Zittau | 1972 | 1972 |
Schwedt | 1973 | 1973 |
Grenzübergangsstellen Eisenbahn | neu eröffnet | gemeinsame Kontrolle |
|---|---|---|
Grambow | 1972 | 1972 |
Forst | [–] | 1972 |
Görlitz | [–] | 1972 |
Kostrzyn4 | [–] | 1972 |
Wilhelm-Pieck-Stadt Guben | [–] | 1972 |
Frankfurt/Oder | [–] | 1973 |
Tantow | 1973 | 1973 |
Grenzübergangsstellen Binnenwasserstraßen | neu eröffnet | gemeinsame Kontrolle |
|---|---|---|
Mescherin | [–] | 1972 |
Garz | [–] | 1972 |
Hohensaaten | [–] | 1972 |
Frankfurt/Oder | [–] | 1972 |
Eisenhüttenstadt | [–] | 1972 |
Gegenwärtig wird die Aufnahme der gemeinsamen Kontrolle an der Grenzübergangsstelle Görlitz/Straße zum 1.7.1973 vorbereitet.
Weiterhin werden die Vorbereitungen für die auf dem Territorium der VR Polen 1974 neu zu eröffnende Grenzübergangsstelle Olzsyna getroffen, an der mit dem Termin der Eröffnung gleichzeitig die gemeinsame Kontrolle aufgenommen wird.
Die Entwicklung zeigt, dass mit der Neueröffnung von bisher neun Grenzübergangsstellen und insbesondere mit der Aufnahme der gemeinsamen Kontrolle eine Reihe von Problemen, die sich aus der Grenzabfertigung ergeben, wesentlich schneller und effektiver gelöst werden können.
Das betrifft insbesondere die Verkürzung der Reisezeiten in den internationalen Reisezügen, Verringerung der Abfertigungszeiten bei der Grenzpassage überhaupt sowie die Schaffung effektiver und günstigerer Voraussetzungen für die Kontrollorgane beider Staaten.
Im Ergebnis der zollkontrollmäßigen Abfertigung des pass- und visafreien Reise- und Touristenverkehrs ist festzustellen, dass die im Jahr 1972 aufgetretenen Probleme der konzentrierten Durchführung von »Einkaufsfahrten« mit häufig spekulativem Charakter im Wesentlichen überwunden wurden.
Die Normalisierung der Reiseströme und der Warenbewegung im Jahr 1973 führte dazu, dass zwischen den Zollorganen beider Staaten am 27.4.1973 Maßnahmen zur weiteren Einschränkung der Zollkontrollen vereinbart werden konnten.
Das bezieht sich besonders auf die sichtbare Verminderung der Zollkontrollkräfte an den Wochenenden und die damit verbundene Beschränkung der Zollkontrolle auf Ausnahmefälle.
Mit diesen Maßnahmen wird dem Anliegen des pass- und visafreien Reiseverkehrs und insbesondere dem ausschließlich touristischen Charakter des Wochenendverkehrs Rechnung getragen.