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Falschbeurkundung wegen faschistischer Vergangenheit

5. Januar 1973
Information Nr. 6/73 über die Inhaftierung eines DDR-Bürgers wegen Falschbeurkundung zum Zwecke des Verschweigens seiner faschistischen Vergangenheit

Am 5.12.1972 wurde gegen den DDR-Bürger Timm, alias Neumann, Franz,1 geboren am [Tag, Monat] 1909 in Neugard, wohnhaft Stralsund, [Straße, Nr.], Beruf Fachschullehrer, zuletzt tätig gewesen an der Agrar-Ingenieur-Schule Stralsund, Parteizugehörigkeit 1931 bis 1945 NSDAP, seit 1947 SED gemäß § 242 StGB (Falschbeurkundung)2 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Haftbefehl erlassen.3

Die durch das MfS und mit aktiver Unterstützung der sowjetischen und der polnischen Sicherheitsorgane geführten Ermittlungen erbrachten zweifelsfrei die Bestätigung dafür, dass es sich bei dem DDR-Bürger Neumann um den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und Mitarbeiter des faschistischen Sicherheitsdienstes Timm, Franz, handelt.

Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben, dass Timm, alias Neumann, 1936 als SS-Hauptscharführer in das Amt III des Reichssicherheitshauptamtes Berlin eingestellt wurde, wo er auf dem Sachgebiet Land- und Ernährungswirtschaft tätig war.4 Auf dem gleichen Gebiet war er von 1938 bis 1942 im damaligen Königsberg und von 1942 bis 1945 im damaligen Posen eingesetzt.

Im März 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Jahre 1946 flüchtete.5

Nach in der Folgezeit unbekanntem Aufenthalt tauchte Timm 1947 unter dem Namen »Neumann« bei seiner mit den drei ehelichen Kindern in Kletzke, Kreis Perleberg, Bezirk Schwerin, wohnenden Ehefrau auf, wo er sich in der Öffentlichkeit als Cousin der Timm, Katharina6 ausgab.

Beide ließen 1948 ihre Ehepartner standesamtlich für tot erklären und gingen unter dem Namen Neumann die Ehe ein. Timm lebte bis zu seiner Inhaftierung unter diesem Namen.

Im Jahre 1962 wurde diese Ehe geschieden.

Zu dieser Zeit informierte die Timm ihre Kinder davon, dass der Neumann, Franz ihr leiblicher Vater ist, der sich nach 1945 den Namen Neumann zulegte, um seine faschistische Vergangenheit zu verschleiern.

Der Sohn des Timm, der Major der NVA, [Name, Vorname], zuletzt im Stab der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung tätig, hat trotz dieser Kenntnisse in allen Personalunterlagen vorsätzlich falsche Angaben zur Person seines Vaters gemacht. [Name] wurde am [Tag, Monat] 1972 aus dem aktiven Dienst in der NVA entlassen und ist jetzt als [Position] im VEB Metallurgiehandel Dresden beschäftigt.

Im Verlauf der bisherigen Ermittlungen und Untersuchungen konnte herausgearbeitet werden, dass Timm die Falschbeurkundung beging, um seine aktive faschistische Vergangenheit zu verschweigen.

In diesem Zusammenhang wurde bisher bekannt, dass Timm, alias Neumann, seit 1943 als Leiter des Referates III/D (Wirtschaft) im Sicherheitsdienstteilabschnitt Posen eingesetzt war und in dieser Eigenschaft Informationen über Personen, die gegen den Faschismus eingestellt waren bzw. anderweitig gegen »festgesetzte Regeln der faschistischen Besatzungsmacht« verstießen, beschafft und weitergeleitet haben soll.

Im Ergebnis dessen sollen mehrere Personen zu unterschiedlichen Strafen verurteilt worden sein.

Weiter soll Timm Zwangsarbeiter misshandelt und in einem Fall eigenhändig getötet haben.7

Die Untersuchungen des MfS zur umfassenden Aufklärung der faschistischen Vergangenheit des Timm, alias Neumann, insbesondere zur Ermittlung über die Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, werden mit Unterstützung der sowjetischen und polnischen Sicherheitsorgane weitergeführt.

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    9. Januar 1973
    Information Nr. 21/73 über eine Störung im System der Energieversorgung für die chemische Industrie am 6. Januar 1973

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    5. Januar 1973
    Information Nr. 17/73 über die Verhinderung einer versuchten Ausschleusung von Bürgern der DDR