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Festnahme eines BRD-Bürgers wegen Menschenhandels

4. September 1973
Information Nr. 886/73 über die Festnahme eines BRD-Bürgers wegen des dringenden Verdachts des staatsfeindlichen Menschenhandels

Am 31.8.1973, gegen 9.45 Uhr, wurde an der Grenzübergangsstelle Marienborn/Autobahn der Bürger der BRD Zenker, Bernhard,1 geboren [Tag, Monat] 1938, wohnhaft in Bad Gandersheim/BRD, [Straße, Nr.], Beruf Fliesenleger, zuletzt tätig gewesen als Hausmeister im Kursanatorium »Roswitha« der Harzer Hotelgesellschaft »Promedicis« Bad Gandersheim, auf der Grundlage eines am 6.4.1973 wegen des dringenden Verdachts des staatsfeindlichen Menschenhandels2 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens festgenommen und der Haftbefehl verkündet.

Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben:

Zenker, der 1960 die DDR ungesetzlich nach der BRD verlassen hatte, beging im März 1972, gemeinschaftlich mit seinem in Offenburg/BRD wohnhaften Bruder, einen Einbruch in die Passstelle der Stadt Bad Gandersheim, wo beide 80 unausgefüllte Reisepässe der BRD sowie drei Siegel des Landkreises und der Stadt Bad Gandersheim entwendeten.

Auf der Suche nach einer preisgünstigen Absatzmöglichkeit setzten sie sich im April 1972 mit dem Schweizer Bürger Lenzlinger3 in Verbindung, von dem ihnen bekannt war, dass er gewerbsmäßig Menschenhandel betreibt. (Bei Lenzlinger handelt es sich um den Leiter der in Zürich ansässigen berüchtigten Menschenhändlerorganisation4 Aramco AG.5) Sie erhofften sich, dass Lenzlinger an dem Erwerb der Reisepässe Interesse zeigt und dafür höhere Geldbeträge zahlen werde. Während zwei Zusammentreffen mit Lenzlinger erklärte sich dieser bereit, für jeden Reisepass 100 DM zu zahlen unter der Voraussetzung, dass Zenker durch ein »praktisches Beispiel« die Möglichkeit der Ausschleusung von Personen mittels dieser Reisepässe nachweist.

Zenker hat sich, finanzieller Vorteile wegen, bereit erklärt, im Auftrage der Menschenhändlerorganisation Lenzlinger, einen DDR-Bürger nach der BRD auszuschleusen. Dieses Vorhaben konnte durch die Festnahme des zur Ausschleusung vorgesehenen DDR-Bürgers verhindert werden.

Zenker will sich aufgrund des Misslingens dieser Schleusung in der Folgezeit von der Menschenhändlerorganisation Lenzlinger getrennt haben und sei wegen des Einbruchs und Diebstahls in der Passstelle der Stadt Bad Gandersheim 1972 vom Amtsgericht Bad Gandersheim zu acht Monaten Gefängnis (ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung) und einer Geldstrafe in Höhe von 1 500 DM verurteilt worden.

Die Untersuchungen des MfS werden fortgesetzt.

  1. Zum nächsten Dokument Vollstreckter Haftbefehl bei Einreise eines BRD-Bürgers

    5. September 1973
    Information Nr. 887/73 über die Festnahme eines BRD-Bürgers wegen Beteiligung an der Ausschleusung von DDR-Bürgern

  2. Zum vorherigen Dokument Schwerer Verkehrsunfall zwischen S-Bahnzug und Pkw

    4. September 1973
    Information Nr. 885/73 über einen schweren Verkehrsunfall am Schrankenposten neun zwischen den S-Bahnhöfen Mariendorf und Marienfelde in Berlin (West) am 2. September 1973