Festnahme von Mitgliedern einer Menschenhändlerorganisation
13. August 1973
Information Nr. 803/73 über die Festnahme von Mitgliedern einer in Westberlin ansässigen Menschenhändlerorganisation wegen Verbrechen gegen die Deutsche Demokratische Republik
Am 10.8.1973, gegen 22.00 Uhr, wurden an der Grenzübergangsstelle Berlin, Heinrich-Heine-Straße, beim Versuch der Ausreise nach Westberlin folgende Angehörige einer im April 1973 in Westberlin gebildeten Menschenhändlerorganisation1 festgenommen:
- 1.
Lassahn, Axel,2 geboren [Tag, Monat] 1948 in Eberswalde, wohnhaft Berlin (West) 51, [Straße, Nr.], Beruf Betriebsschlosser, zuletzt ohne Beschäftigung (in der DDR vorbestraft wegen versuchten ungesetzlichen Verlassens der DDR und anderer krimineller Handlungen, am 8.12.1972 amnestiert3 und nach der BRD ausgewiesen),
- 2.
[Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947 in Detmold, wohnhaft 1. Emmerich/BRD, [Straße, Nr.], 2. Berlin (West) 31, [Straße, Nr.], Beruf Schlosser, zuletzt tätig als Propagandist für Haushaltserzeugnisse in Westberlin (in der DDR 1968 wegen Zollverbrechen zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt, nach Strafverbüßung in die BRD entlassen.) In der BRD und in Westberlin mehrfach vorbestraft.
- 3.
[Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944 in Berlin, wohnhaft Berlin (West) 62, [Straße, Nr.], Beruf Kaufmann, zuletzt tätig als selbstständiger Werbeagent in Westberlin.
Am 11.8.1973 wurde in der Hauptstadt der DDR die in die Tätigkeit dieser Menschenhändlerorganisation einbezogene Person
- 4.
[Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1949 in Hefeld/Leine, wohnhaft 1. Braunschweig, [Straße, Nr.], 2. Berlin (West)-Wilmersdorf, [Straße, Nr.], Beruf Positivretuschiererin, zuletzt tätig als Litografin in Westberlin sowie der DDR-Bürger
- 5.
[Name 4, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947 in Eberswalde, wohnhaft Trampe/Kreis Eberswalde, Beruf Schlosser, zuletzt tätig als Kraftfahrer beim VE Kreisbaubetrieb Eberswalde
festgenommen.
Gegen alle Genannten wurden gemäß §§ 1054 bzw. 213 StGB5 Ermittlungsverfahren eingeleitet und auf der gleichen Grundlage Haftbefehle erlassen.
Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben, dass Lassahn, der seit seiner Ausweisung in die BRD mehrfach unter Verwendung verfälschter Reisepapiere in die DDR eingereist bzw. im Transitverkehr durch die DDR gereist war, im April 1973 vier DDR-Bürger aus seinem ehemaligen Bekanntenkreis in Eberswalde unter Missbrauch des Transitabkommens6 nach Westberlin ausgeschleust hatte.
In der Folgezeit entschloss sich Lassahn, aus Gewinnsucht handelnd, unter Einbeziehung des [Name 1] und des als »Zubringer« fungierenden DDR-Bürgers [Name 4], weitere Schleusungen von DDR-Bürgern durchzuführen.
Im Ergebnis dessen wurde im Juni 1973 ein weiterer DDR-Bürger gegen ein Kopfgeld von 15 000 Mark unter Missbrauch des Transitabkommens nach Westberlin ausgeschleust.
Seit Ende Juli 1973 bereitete Lassahn arbeitsteilig mit [Name 1] die Ausschleusung weiterer, namentlich bisher noch nicht bekannter DDR-Bürger gegen ein Kopfgeld von 20 000 Mark vor.
Zu diesem Zweck reisten Lassahn, [Name 1] und [Name 2] (der in Kenntnis des geplanten Verbrechens seinen Pkw zur Verfügung stellte) am 10.8.1973 in die Hauptstadt der DDR ein.
Auch dazu benutzten Lassahn und [Name 2] mit dem Ziel der Verdunklung der Person und der bereits begangenen Verbrechen gegen die DDR verfälschte BRD-Reisepässe auf die Namen [Name 5, Vorname] bzw. [Name 6, Vorname].
Die Ausfertigung der verfälschten BRD-Reisepässe durch Lichtbildauswechslung und Verfälschung der Gültigkeitsdauer waren von der [Name 3] vorgenommen worden, die Kenntnis von der verbrecherischen Tätigkeit der Schleuserbande und dem Missbrauch der BRD-Reisepässe hatte.
Die Untersuchungen des MfS zur umfassenden Aufklärung der erfolgten und geplanten Verbrechen dieser Menschenhändlerorganisation werden fortgesetzt.