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Festnahme zweier Polen wegen versuchten Grenzübertritts

6. September 1973
Information Nr. 907/73 über die Festnahme von zwei polnischen Staatsbürgern an der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße

Am 31.8.1973, gegen 13.35 Uhr, wurden die polnischen Staatsbürger [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1954, seit Mai 1973 ohne Beschäftigung, wohnhaft Luban, [Straße, Nr.], und [Name 2, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1955, seit Mai 1973 ohne Beschäftigung wohnhaft Luban, [Straße, Nr.], wegen dringenden Verdachts des ungesetzlichen Grenzübertritts gemäß § 213 Abs. 1 und 2 StGB,1 des Widerstandes gegen staatliche Maßnahmen gemäß § 212 Abs. 1 StGB2 und Körperverletzung gemäß § 115 Abs. 1 StGB3 an der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße festgenommen und gegen sie Ermittlungsverfahren eingeleitet und Haftbefehle erlassen.

Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben:

Die polnischen Staatsbürger reisten nach eigenen, bisher noch nicht bestätigten Angaben aus touristischen Gründen am 30.8.1973 über die Grenzübergangsstelle Görlitz in die DDR ein und fuhren noch am gleichen Tage mittels Eisenbahn ohne Fahrtausweis in die Hauptstadt der DDR.

Während ihres Aufenthaltes in Berlin lernten sie den in Berlin-Karlshorst wohnhaften polnischen Staatsbürger [Name 3, Vorname] kennen, bei dem sie sich als Studenten aus dem Kreis Jelenia Góra ausgaben und übernachteten bei ihm. [Name 1] und [Name 2] äußerten in Gesprächen mit [Name 3] angeblich die Absicht, die DDR ungesetzlich zu verlassen, worauf ihnen der [Name 3] empfohlen haben soll, durch Vorweisen ihrer polnischen Personalausweise über die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße nach Westberlin auszureisen.

Am 31.8.1973 begaben sich [Name 1] und [Name 2] zur Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße in der Absicht, unter Ausnutzung des Reisestromes nach Westberlin zu gelangen.

Bei der Passkontrolle wurde festgestellt, dass sie nicht im Besitz der erforderlichen Grenzübertrittsdokumente waren und unter Alkoholeinfluss standen.

Beiden Personen wurde durch den Passkontrolleur in polnischer Sprache mitgeteilt, dass sie sich auf einem Grenzkontrollpunkt für Ausreisen nach Westberlin befinden und ihr Reiseziel nennen sollen.

Während [Name 2] der Aufforderung der Kontrollkräfte zum Vorzeigen der Personaldokumente Folge leistete, verweigerte [Name 1] die Aushändigung seines Personaldokumentes und beschimpfte die Kontrollkräfte.

Da beide Personen nicht im Besitz gültiger Grenzübertrittsdokumente waren, mussten sie aus dem Reisestrom herausgelöst werden, wobei [Name 1] unter Anwendung einfacher körperlicher Gewalt in einen Abfertigungsraum der Passkontrolleinheit gebracht werden musste. Er verletzte dabei durch einen Faustschlag ins Gesicht einen zur Unterstützung der Kontrollhandlung herbeigerufenen Offizier und begann mit der Zertrümmerung des Mobilars in diesem Raum.

Bei der Überführung in ein anderes Dienstgebäude leistete er erneut Widerstand.

Aussagen des [Name 2] zufolge ist [Name 1] süchtig und nimmt selbst gefertigte Drogen zu sich. Beide beabsichtigten angeblich, nach Westberlin zu gelangen, um Rauschgift zu beschaffen und danach wieder in die VR Polen zurückzukehren.

Die Untersuchungen des MfS zur umfassenden Aufklärung der Ursachen und Motive des geplanten ungesetzlichen Verlassens der DDR sowie die Persönlichkeitsbilder der Vorgenannten und deren mögliche Verbindungen in der DDR werden fortgesetzt.

Es ist vorgesehen, die polnischen Staatsbürger [Name 2] und [Name 1] nach Abschluss der Untersuchungen an die Sicherheitsorgane der VR Polen zu übergeben.

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    6. September 1973
    Information Nr. 908/73 über die Festnahme eines BRD-Bürgers wegen des dringenden Verdachts der Vorbereitung der Ausschleusung einer DDR-Bürgerin

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    5. September 1973
    Information Nr. 896/73 über die Verhinderung eines ungesetzlichen Grenzübertritts über die Ostsee