Gestörte Energieversorgung für die chemische Industrie
9. Januar 1973
Information Nr. 21/73 über eine Störung im System der Energieversorgung für die chemische Industrie am 6. Januar 1973
Am 6.1.1973, gegen 2.00 Uhr, kam es in der Energieversorgung für die chemische Industrie zu einer Störung an einer Freiluftanlage, durch die u. a. im VEB Leunawerke »Walter Ulbricht« eine Vielzahl von Betriebsabteilungen betroffen wurden.
Die Energieversorgung wurde nach einstündiger Unterbrechung schrittweise wieder aufgenommen.
Im Zusammenhang mit der schrittweisen Wiederaufnahme der Stromversorgung erlitten die sich zu diesem Zeitpunkt in der Waschkaue1 der Betriebsdirektion Energiewirtschaft aufhaltenden Otto, Ernst2 geboren am [Tag, Monat] 1913, wohnhaft in Halle, [Straße, Nr.], Anlagenfahrer, und Friedrich, Gerhard3 geboren am [Tag, Monat] 1939, wohnhaft in Halle-Neustadt, [Block, Nr.], Anlagenfahrer, tödliche Verletzungen.
Zwei weitere Arbeiter wurden schwer verletzt, befinden sich jedoch außer Lebensgefahr.
Der Produktionsausfall in den VEB Leunawerken »Walter Ulbricht« beträgt nach bisherigen Schätzungen ca. vier Mio. Mark.
Die sofort eingeleiteten Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen ergaben:
Die Störung in der Elektroenergieversorgung entstand infolge eines Stromüberschlages, der durch den dichten Nebel in Verbindung mit Smogentwicklung hervorgerufen wurde. Dadurch wurde eine Drosselung der Produktion verursacht, insbesondere des Stickstoffstrangs, der Methanproduktion sowie der Äthylerzeugung.
Während des Wiederanfahrprozesses kam es im Produktionsstickstoffnetz zu Druckstößen. An etwa zwanzig Tauchungen (»Sicherheitseinrichtungen«) strömte infolge des überhöhten zeitweiligen Druckes Stickstoff mit 3,5%igem Kohlenmonoxyd aus. Eine Tauchung befindet sich an einer Rohrbrücke, ca. zwanzig Meter von der Waschkaue der Betriebsdirektion Energiewirtschaft entfernt.
Die Ansaugstelle für die Belüftung des Bades ist nur sechs Meter von der Tauchung an der Rohrbrücke installiert worden. Durch das Gebläse dieser Belüftung wurde das ausströmende Gas angesogen und in das Bad gedrückt. Die Konzentration des Gases hat nach den bisherigen Untersuchungen bewirkt, dass die genannten zwei Arbeiter tödliche Verletzungen davontrugen.
Die Ermittlungen zur allseitigen Aufklärung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen, insbesondere derjenigen, die zu den tödlichen Verletzungen der Anlagenfahrer Otto und Friedrich führten, werden fortgesetzt.