Konferenz der Kirchenleitungen des Bundes Ev. Kirchen
18. Mai 1973
Information Nr. 452/73 über die Sitzung der Konferenz der Kirchenleitungen des Bundes Evangelischer Kirchen in der DDR vom 11. Mai bis 12. Mai 1973 in der Hauptstadt der DDR
Dem MfS wurde intern bekannt, dass die Konferenz der Kirchenleitungen1 des Bundes Evangelischer Kirchen in der DDR2 die letzte Tagung vor der Synode des Bundes abhielt.
(Die Synode des Bundes findet vom 25.5. bis 29.5.1973 in Schwerin statt.)
Im Mittelpunkt der Sitzung standen die Vorbereitungen auf die Synode.
Dabei wurde u. a. Folgendes festgelegt bzw. bestätigt:
Die Synode wird bereits am Freitag, dem 25.5.1973 um 15.00 Uhr mit einer internen Sitzung eingeleitet. (Geplant war an diesem Abend lediglich ein Eröffnungsgottesdienst.)
Die offizielle Eröffnung bei Teilnahme von Gästen und Journalisten erfolgt erst am Sonnabend, dem 26.5.1973, 9.00 Uhr.
Die interne Sitzung wurde von der Leitung des Bundes angesetzt, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit Probleme der Veranstaltungsverordnung,3 Fragen aus dem Bereich der Volksbildung und zum Auftreten von Bischof Fränkel,4 Görlitz, vor der Synode des Kirchengebietes Görlitz am 30.3.1973 zu behandeln.5
Mit dieser Sitzung soll die Behandlung dieser »heiklen Probleme« vor der Synode abgefangen werden.
Während der öffentlichen Sitzungen sollen dann Strukturfragen, organisatorische Probleme und die Rechenschaftslegung über die zurückliegenden vier Jahre der ersten Legislaturperiode auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Nach der Eröffnung und Begrüßung der Gäste soll der Bericht des Sonderausschusses zur Vorlage 1 erfolgen. Dieser Bericht beinhaltet Korrekturen an der Ausschussarbeit sowie die Analysierung der Synodenarbeit.6 Danach verliest Bischof Schönherr,7 Berlin, den Bericht der Konferenz der Kirchenleitungen,8 und anschließend werden drei Sachstandsberichte zu Ausbildungsfragen, konfessionskundlichen Problemen und zu den ökumenisch-missionarischen Aktivitäten gegeben. Den Abschluss, vor Beginn der Generaldebatte, soll der Bericht des Haushaltsausschusses bilden.9
Über die Anwesenheit internationaler Gäste besteht bisher folgende Übersicht:
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Russisch-orthodoxe Kirche,
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ČSSR, noch keine Nominierung,
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Ökumenischer Rat der Kirchen,10 Piet Bouman,11 Genf (Holländer),
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Konferenz Europäischer Kirchen,12 kein Vertreter, da der Generalsekretär erkrankt ist,
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»Evangelische Kirche in Deutschland« der BRD, Prof. Lohse,13 Hamburg,
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Skandinavische Kirchen, Conrad Bonnevie-Svendsen,14 Norwegen.
Von westlichen Pressevertretern ist bisher nur der Journalist König, Friedrich,15 wohnhaft in Genf gemeldet. (König arbeitet im Informationsbüro des Lutherischen Weltbundes16 in Genf.)
Im Verlauf der Sitzung am 11.5. und. 12.5.1973 wurde offenkundig, dass die Leitung des Bundes an einer »ruhigen« Synode interessiert ist, d. h. es sollen sogenannte heiße politische Eisen nicht aufgenommen werden.
Mehrere Mitglieder der Konferenz der Kirchenleitung wiesen darauf hin, dass sie bereits etliche Gespräche mit Vertretern des Staatsapparates hatten, in deren Ergebnis ihnen klar geworden sei, dass es keine Wiederholung von Dresden geben dürfe.17
Der Sitzung wurde ein 25-seitiger Entwurf eines Berichts der Konferenz der Kirchenleitungen an die Synode in Schwerin vorgelegt. In der Diskussion dazu traten keine neuen Probleme auf. Bischof Schönherr wird unter Berücksichtigung einiger Änderungsvorschläge die Endfassung des Berichts vornehmen.
Die Entwürfe wurden wieder eingezogen. Bischof Schönherr und Oberkonsistorialrat Stolpe18 hoben in der Diskussion hervor, dass der Bericht sich insbesondere auf eine Rede von Bischof Schönherr stützt, welche dieser auf dem Osterempfang des Exarchen Leonti19 am 30.4.1973 in Berlin gehalten hat.
(Diese Rede enthält politisch positive Aussagen und war als Entgegnung auf die Provokationen von Bischof Fränkel gedacht.20)
Schönherr und Stolpe bedauerten es, dass diese Rede im vollen Wortlaut nur im Evangelischen Nachrichtendienst der DDR21 und auszugsweise in der »Neuen Zeit«,22 jedoch weder im ND noch in der evangelischen Zeitschrift der DDR »Standpunkt« (Chefredakteur Günter Wirth,23 CDU) veröffentlicht wurde.
Ein weiterer Schwerpunkt der Tagesordnung der Sitzung am 11.5. und 12.5.1973 war die Veranstaltungsverordnung. Den Mitgliedern der Konferenz war bereits vor der Sitzung Material zugestellt worden, welches eine Information über wichtige bisher geführte Gespräche leitender kirchlicher Vertreter mit leitenden Vertretern des Staatsapparates über Probleme der Veranstaltungsverordnung und einen Entwurf einer Antwort der Konferenz der Kirchenleitung an Staatssekretär Seigewasser24 zu diesen Problemen enthielt.25 In diesem Material wurde darauf verwiesen, dass die genannten Gespräche einen positiven Verlauf gezeigt haben und die staatliche Seite zu bestimmten Lockerungen Bereitschaft zeigen würde.26
In dem Entwurf der Antwort wurde nach Darstellung dieser Gespräche die Bereitschaft der Kirche zum Ausdruck gebracht, die im vorherigen Jahr gegebene Weisung, die Veranstaltungsverordnung nur bedingt zu respektieren, zurückzuziehen, wenn die staatliche Seite die in den Gesprächen gegebenen Zusicherungen einhalten wird. Oberkirchenrat Lotz,27 Eisenach, kritisierte in der Diskussion den Entwurf des Schreibens, wobei sich seine Kritik besonders auf den Stil der Fassung bezog. Er legte einen eigenen, in der Fassung umgänglicheren Entwurf vor, der mit nur geringen Abänderungen von der Konferenz angenommen wurde.
In der weiteren Diskussion wurden innerkirchliche Probleme behandelt.
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