Metallsplittereinschlag im Haus der Ministerien
5. Januar 1973
Information Nr. 15/73 über einen Metallsplittereinschlag im Haus der Ministerien am 4. Januar 1973
Am 4.1.1973, gegen 14.25 Uhr, wurden die Scheiben eines Doppelfensters im Zimmer des Stellvertreters des Ministers für Schwermaschinen- und Anlagenbau, Genossen Böhme,1 von außen durch einen Metallsplitter durchschlagen. Dieses Zimmer befindet sich in der fünften Etage des Hauses und das durchschlagene Fenster liegt auf der nach Westberlin weisenden Seite.
Im Ergebnis der bisher durchgeführten Untersuchungen wurde Folgendes festgestellt:
Das Durchschlagen des Fensters erfolgte während einer Beratung des Genossen Böhme mit dem Sektorenleiter Genossen Keil.2 Zum genannten Zeitpunkt vernahmen beide Genossen eine dumpfe Detonation und unmittelbar darauf das Klirren von Glas. Der Metallsplitter, der die Scheiben durchschlagen hatte, wurde etwa 50 cm vom Fenster entfernt festgestellt. Beide Genossen sahen auf einem unbebauten Gelände rechts der in Westberlin liegenden Wilhelmstraße, die an den Grenzsicherungsanlagen der DDR endet, ca. 80 m von diesen Anlagen entfernt fünf Personen, die sich unterhielten, die nach Westberlin weisende Außenfront des HdM3 betrachteten und sich anschließend in Richtung Potsdamer Platz entfernten. Bei keiner dieser Personen konnten auffällige Gegenstände beobachtet werden.
Die Detonation war auch von den in diesem Bereich eingesetzten Grenzsicherungskräften gehört worden. Sie konnten jedoch keine näheren Feststellungen treffen, da das betreffende Gebiet im Bereich Wilhelmstraße von ihnen nicht eingesehen werden kann.
Gegen 15.10 Uhr wurde ein mit drei Personen besetzter Pkw im genannten Bereich der Wilhelmstraße gesehen. Die Insassen betrachteten das HdM. Es kann jedoch nicht gesagt werden, ob dies im Zusammenhang mit dem Vorkommnis geschehen ist. Aktivitäten der Westberliner Polizei bzw. von Journalisten oder Angehörigen der Streitkräfte der Westmächte wurden nicht festgestellt.
Der gesicherte Metallsplitter hat die Abmessungen von 15 × 15 × 20 mm und die Form eines unregelmäßigen Dreiecks. Der Durchschlagswinkel lässt den Schluss zu, dass der Splitter von einer Explosion auf Westberliner Territorium herrührt.
Weitere Splitter bzw. andere, von einer Detonation herrührende Gegenstände konnten bisher nicht festgestellt werden.
Der festgestellte Metallsplitter besteht aus Grauguss. Spuren von Sprengstoff oder Schmauch können nicht nachgewiesen werden. Die Form des Splitters ist für herkömmliche militärische Sprengkörper nicht typisch. Die Befundsaufnahme ergibt, dass der Splitter aus einem größeren Metallverband herausgerissen wurde und mit Ziegelsteinen, Beton oder anderen Baumaterialien in Berührung gekommen sein muss.
Weitere Untersuchungen und Überprüfungen, besonders auch im Hinblick auf eine zum genannten Zeitpunkt stattgefundene Explosion auf Westberliner Gebiet, werden geführt.
In Abstimmung mit dem Stabschef der zuständigen Grenzbrigade Mitte wurden zusätzliche Kräfte eingesetzt, um eine weitere intensive Beobachtung des Westberliner Territoriums zu gewährleisten.