Rowdyhafte Ausschreitungen eines palästinensischen Studenten
20. August 1973
Information Nr. 822/73 über fortgesetzte rowdyhafte Ausschreitungen und strafbare Handlungen eines palästinensischen Studenten der Karl-Marx-Universität Leipzig
Auf der Grundlage der Regierungsvereinbarung der DDR mit der PLO,1 wonach aus Westdeutschland ausgewiesene palästinensische Studenten ihr Studium in der DDR fortsetzen können,2 erfolgte im Januar 1973 durch die Leitung der PLO die Delegierung des palästinensischen Studenten [Name, Vorname], geboren 1945 in Safed (Palästina), wohnhaft zurzeit 7022 Leipzig, [Straße, Nr.], Heimatanschrift Homs, Palästinian Camp (Syrien), Tätigkeit Student des Herder-Institutes der Karl-Marx-Universität Leipzig,3 Heimatpass-Nr.: 27519 vom 7.3.1972 in die DDR, wo er seit dem 14.1.1973 am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig die deutsche Sprache erlernt.
Seinen eigenen Angaben zufolge wollte er 1971 in der BRD Medizin studieren, wozu er zunächst in Frankfurt/Main ein Arbeitsverhältnis einging.
Nach den Ereignissen von München (Olympische Spiele)4 wurde er – seinen eigenen Angaben zufolge – am 19.10.1972 von Frankfurt/Main nach Syrien abgeschoben mit der Begründung, dass er Mitglied der Generalunion palästinensischer Studenten (GUPS)5 sei.
Bei [Name] handelt es sich um einen streng gläubigen Muslim und fanatischen Palästinenser. Bereits während des Aufnahmegespräches am Herder-Institut in Leipzig fiel er durch extremes Verhalten auf, indem er plötzlich aufsprang und unter Kampfrufen demonstrierte, wie er einen bewaffneten Israeli mit dem Messer töten könne.
Er äußerte auch, dass er sich von einer Bombe zerreißen lassen würde, falls dadurch 100 Israelis getötet werden könnten.
Auch im privaten Umgang ist [Name] ein sehr jähzorniger Mensch und neigt zu Gewalttätigkeiten.
Durch diese Charaktereigenschaften bedingt, zogen sich die palästinensischen Studenten in Leipzig von [Name] zurück, wobei sogar keiner der Studenten mehr mit dem [Name] in einem Zimmer wohnen will.
Seit Anfang April 1973 machte sich [Name] in mehreren Fällen des Diebstahls, der Körperverletzung, des Raubes und der Erpressung schuldig.
Im April 1973 hat [Name] in zwei Fällen einer DDR-Bürgerin einen Zierdolch im Werte von 50,00 M sowie einen goldenen Ehering im Werte von 100 M entwendet.
Im Juli 1973 trat er in mehreren Fällen durch rowdyhaftes Verhalten in Erscheinung. Am 2.7.1973 hat [Name] auf dem Querbahnsteig des Leipziger Hauptbahnhofes gemeinsam mit zwei algerischen Staatsbürgern einen polnischen Bürger zusammengeschlagen und durch mehrere Fußtritte in den Unterleib sowie durch Faustschläge in das Gesicht an der Gesundheit geschädigt.
[Name] gelang es, sich beim Eintreffen der Deutschen Volkspolizei am Tatort durch Flucht der Verantwortung zu entziehen.
Am 11.7.1973 kam es in der Wohnunterkunft des [Name] zu erpresserischen Handlungen, indem er eine dort anwesende Bürgerin unter Androhung von Gewalt aufforderte, eine Bescheinigung über den angeblichen Diebstahl von 1 000 M auszuschreiben.
Die als Zeugin gehörte Bürgerin stellte lediglich eine Quittung über einen angeblich entwendeten Betrag von 500 M aus. Während des erpressten Ausstellens dieser Bescheinigung kam es zu Gewalttätigkeiten, indem [Name] die Bürgerin etwa zehnmal in das Gesicht schlug. Eine weitere, gleichfalls dort anwesende, weibliche Person wurde im Verlaufe dieses Vorkommnisses ebenfalls durch [Name] mehrmals geschlagen.
Am 27.7.1973 entwendete [Name] nach dem Besuch einer Gaststätte einer 16-jährigen Schülerin die Handtasche.
Drei Bürger, die der Schülerin Hilfe leisten wollten, wurden von [Name] niedergeschlagen.
Alle angeführten Sachverhalte sind durch Zeugenaussagen bestätigt.
Das vorliegende Beweismaterial ist ausreichend, um gegen [Name] ein Ermittlungsverfahren gemäß § 215 StGB (Rowdytum)6 einzuleiten und rechtfertigt auf der Grundlage des § 59 StGB (Ausweisung)7 auf Ausweisung des [Name] aus der DDR zu erkennen.
Nach einer im Juli 1973 erfolgten Rücksprache zwischen Vertretern der DDR-Botschaft in Beirut/Libanon und der Leitung der PLO wurde vereinbart, dass [Name] vom weiteren Studium in der DDR zurückberufen wird.
Bei einem am 3.8.1973 in Berlin geführten Gespräch zwischen dem Beauftragten der PLO, dem Leiter der Abteilung Auswärtige Angelegenheiten der PLO, Azhary,8 mit dem Minister für Hoch- und Fachschulwesen, Genosse Böhme,9 brachte Azhary zum Ausdruck, dass der [Name] sein Studium in der DDR abzubrechen und zurückzukehren hat und nach seiner Rückkehr bestraft wird.
Bei der am 10.8.1973 durchgeführten Aussprache zwischen dem Leiter des Sekretariats des Komitees für die Angelegenheiten ausländischer Studierender in der DDR, Genossen Dr. Werschky,10 und dem Verantwortlichen für die im Januar 1973 eingereisten palästinensischen Studenten Mahmud Al-Labadi,11 Student an der Handelshochschule Leipzig, konnte keine Einigung über die Ausreise von [Name] erzielt werden.
Al-Labadi machte bei diesem Gespräch darauf aufmerksam, dass [Name] bei der Ausreise zu unüberlegten gewalttätigen Handlungen fähig sei, wenn nicht die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen würden.
Al-Labadi erklärte sich bereit, bei entsprechender Absprache mit dem zuständigen Büro der PLO in der DDR die Begleitung des [Name] bis Damaskus/Syrien zu übernehmen.
Unter Berücksichtigung der bereits auf verschiedenen Ebenen zwischen Vertretern der DDR und der PLO erfolgten Absprachen und der dabei getroffenen Festlegungen wird vorgeschlagen, eine Entscheidung über die Ausweisung des palästinensischen Studenten [Name] aus der Deutschen Demokratischen Republik herbeizuführen.