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Schreiben an Bahnpolizisten

18. Februar 1973
Information Nr. 159/73 über das Versenden von Schreiben des Westberliner Generalstaatsanwaltes bei dem Landgericht an Angehörige der Bahnpolizei in Westberlin

[Faksimile der Anlage zum Brief des Generalstaatsanwaltes]

Am 16.2.1973 wurde dem MfS zuverlässig bekannt, dass in den Vormittagsstunden etwa 45 Angehörige der Bahnpolizei in Westberlin1 einen eingeschriebenen Brief des »Generalstaatsanwaltes beim Landgericht Berlin« erhielten.

In diesem Schreiben ergeht an die Angehörigen der Bahnpolizei die »Aufforderung«, in ihrer künftigen Tätigkeit auf Westberliner Gebiet die Bestimmungen der BK/O (62) 6 Schreiben der Alliierten Kommandatura vom 21.8.1962 an den Regierenden Bürgermeister von Westberlin Betreff: Befugnisse der Berliner Polizei auf dem Westberliner Gelände der S- und Reichsbahn einzuhalten.2

Die Angehörigen der Bahnpolizei in Westberlin sollen insbesondere die Tätigkeit der Bahnkriminalpolizei in Westberlin,3 denen angeblich jede Ermittlungstätigkeit untersagt wäre, unterlassen, andernfalls würden sie sich nach den Bestimmungen der BK/O (62) 6 strafbar machen.4

Dem Schreiben wurde eine Kopie der genannten Anordnung beigefügt.5

Anlage zur Information Nr. 159/73

[Brief des Generalstaatsanwalts]

Der Generalstaatsanwalt | bei dem Landgericht | 403 gen 329/60

1 Berlin 21, den 14. Februar 1973 | Turmstraße 91 | Fernruf: 35 01 11, App. 774/767

Herrn | [Vorname Name 1] | 1 Berlin 19 | Sophie-Charlotten-Straße 97

Betrifft: Ausübung der Tätigkeit als Angehöriger der Bahnpolizei auf dem von der Reichs- und S-Bahn in den Westsektoren von Berlin genutzten Gelände

Anlagen: Text der alliierten Anordnung BK/O (62) 6 vom 21. August 1962

In den letzten Jahren sind wiederholt Verstöße von Angehörigen der Bahnpolizei gegen deutsche und alliierte Gesetzesbestimmungen festgestellt worden. Wegen dieser Verstöße mussten leider mehrfach Bahnpolizisten strafrechtlich verfolgt und verurteilt werden. In den Strafverfahren stellte sich heraus, dass die Bahnpolizisten offenbar höchst lückenhaft über die Rechtslage auf dem Reichs- und S-Bahngelände in den Westsektoren von Berlin informiert waren.

Um weitere unnötige Bestrafungen von Bahnpolizisten zu vermeiden, haben der Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht durch die Schreiben vom 15. Januar 1971 an den Generalstaatsanwalt der DDR und an den Präsidenten der Reichsbahndirektion Berlin6 sowie ich durch das Schreiben vom 29. August 1972 an den Präsidenten der Reichsbahndirektion Berlin7 die Rechtslage auf dem Reichs- und S-Bahngelände erläutert und den Präsidenten der Reichsbahndirektion weiter ausdrücklich ersucht, die ihm unterstellten und hier tätigen Dienstkräfte entsprechend zu belehren und zu einem gesetzmäßigen Verhalten zu veranlassen.

Wie neuere Rechtsverletzungen erkennen lassen, sind die Angehörigen der Bahnpolizei offenbar noch immer nicht hinreichend über die hier geltenden Rechtsvorschriften und die Folgen ihrer Verletzung unterrichtet.

Angesichts dieser Sachlage halte ich es für meine Pflicht, Sie als Angehörigen der Bahnpolizei mit der für Ihre Tätigkeit in den Westsektoren Berlins maßgebenden Rechtsgrundlage bekannt zu machen. Daher übersende ich Ihnen ein Exemplar der BK/O (62) 6 vom 21. August 1962 und bitte, diese Vorschrift in ihrem eigenen Interesse genau zu beachten.

Aus dieser BK/O ergibt sich u. a., dass die Angehörigen der Transportkriminalpolizei keine Ermittlungshandlungen in den Westsektoren Berlins durchführen und keine Beweismittel nach Ostberlin verbringen dürfen. Das bedeutet für Sie als Angehörigen der Bahnpolizei, dass Sie sich strafbar machen, wenn Sie die illegale Tätigkeit der Transportpolizei unterstützen.

Zur Klarstellung weise ich darauf hin, dass entgegenstehende Dienstvorschriften und Einzelweisungen der Reichbahndirektion Berlin sie von der Beachtung der beigefügten BK/O und anderer hier geltender Rechtsvorschriften nicht entbinden können.

Ich hoffe, in Ihrem Interesse, dass mein Schreiben dazu beiträgt, Sie und Ihre Kollegen vor unnötigen Bestrafungen zu bewahren.

In Vertretung ([Name 2]) Erster Oberstaatsanwalt

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    20. Februar 1973
    Information Nr. 161/73 über den Sexualmord an einer sowjetischen Schülerin in der Nähe von Ohrdruf, Bezirk Erfurt, am 15. Februar 1973

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    16. Februar 1973
    Information Nr. 156/73 über die Schusswaffenanwendung eines NVA-Sicherungspostens gegenüber bulgarischen Staatsangehörigen an der Autobahnbrücke Bademeusel, Kreis Forst (Staatsgrenze der DDR zur VR Polen)