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Schwerer Verkehrsunfall zwischen S-Bahnzug und Pkw

4. September 1973
Information Nr. 885/73 über einen schweren Verkehrsunfall am Schrankenposten neun zwischen den S-Bahnhöfen Mariendorf und Marienfelde in Berlin (West) am 2. September 1973

Am 2.9.1973, 14.41 Uhr, ereignete sich am Schrankenposten 9 zwischen den S-Bahnhöfen Mariendorf und Marienfelde ein schwerer Verkehrsunfall zwischen einem S-Bahnzug – Umlauf 3/1 Heligensee – Lichtenrade – und dem Westberliner Pkw, amtliches Kennzeichen B – YT 318.1

Durch den Zusammenprall wurden die beiden Pkw-Insassen [Name 1, Vorname], wohnhaft Berlin-West 46, [Straße, Nr.], und [Name 2, Vorname], wohnhaft Berlin-West [Straße, Nr.], schwer verletzt. Beide Personen wurden durch die Westberliner Feuerwehr in die Krankenhäuser Westend bzw. Klinikum Steglitz2 eingeliefert.

Am genannten Pkw entstand Totalschaden, während vom S-Bahnzug eine Achse entgleiste und ca. 50 m Stromschiene sowie mehrere Signalanlagen beschädigt wurden.

Die eingeleiteten Untersuchungen ergaben, dass der Schrankenwärter [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1952, wohnhaft Berlin-West 49, [Straße, Nr.], Dienststelle Bahnhof Marienfelde, den schweren Verkehrsunfall durch vorzeitiges Öffnen der Schranken am Schrankenposten 9 herbeigeführt hat.

[Name 3] hat gegen 14.38 Uhr die Schranken für zwei Zugfahrten von Richtung Bahnhof Marienfelde in Richtung Bahnhof Mariendorf geschlossen. Er hatte jedoch – nach seinen eigenen Angaben – den vorgemeldeten Zug aus Richtung Bahnhof Marienfelde vergessen und die Schranken vorzeitig geöffnet.

Der Schrankenwärter [Name 3] wurde bereits vor dem Eintreffen der Bahnpolizeistreife durch Angehörige der Westberliner Schutzpolizei festgenommen und von seinem Dienstposten entfernt und zum Westberliner Polizeirevier 203 überführt.

Dort erfolgte eine Befragung durch die Westberliner Polizei, wobei [Name 3] nach eigenen Angaben keine Aussagen zum Vorkommnis gemacht haben will und gegen 21.00 Uhr entlassen wurde.

Gegen [Name 3] wurde durch das Transportpolizeiamt3 Berlin ein Ermittlungsverfahren wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalles gemäß § 196 (1) StGB4 eingeleitet.

Die Untersuchungen zur umfassenden Aufklärung der Ursachen, Motive und begünstigenden Bedingungen werden durch die Transportpolizei fortgesetzt.

  1. Zum nächsten Dokument Festnahme eines BRD-Bürgers wegen Menschenhandels

    4. September 1973
    Information Nr. 886/73 über die Festnahme eines BRD-Bürgers wegen des dringenden Verdachts des staatsfeindlichen Menschenhandels
  2. Zum vorherigen Dokument Einreise des Ministerpräsidenten Niedersachsens

    3. September 1973
    Information Nr. 884/73 über die beabsichtigte Einreise des Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen (BRD), Kubel, Alfred zum Tageaufenthalt in die grenznahen Gebiete der DDR

  1. Der Schrankenposten 9 befand sich war zwar in Westberlin, doch aufgrund von Vereinbarungen der Siegermächte verfügte die von der DDR betriebene Deutsche Reichsbahn über das Verkehrsrecht in Westberlin. Zum besonderen Status der Reichsbahn im Westteil der Stadt vgl. Bahnhof Zoo. Vorposten der DDR in West-Berlin. Hg. v. d. Berliner S-Bahn. Berlin 2011, S. 44 f.; Ciesla, Burghard: Als der Osten durch den Westen fuhr. Die Geschichte der Deutschen Reichsbahn in Westberlin. Köln, Weimar, Wien 2006.

  2. Das Klinikum Steglitz wurde 1994 in Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) umbenannt und fusionierte 2003 mit der Charité.

  3. Die Transportpolizei (Trapo) war als Dienstzweig der Deutschen Volkspolizei für die Sicherheit und Überwachung des Verkehrswesens auf dem Schienennetz und den Bahnhöfen der Deutschen Reichsbahn zuständig.

  4. Der § 196 StGB – Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls – lautete: »(1) Ein schwerer Verkehrsunfall liegt vor, wenn durch einen Unfall im Bahn- oder Straßenverkehr, in der Luftfahrt oder Schiffahrt der Tod oder eine erhebliche Schädigung der Gesundheit eines anderen Menschen verursacht oder eine Vielzahl von Menschen verletzt wird oder bedeutende Sachwerte beschädigt oder vernichtet werden. (2) Wer fahrlässig einen schweren Verkehrsunfall verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft oder von einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege zur Verantwortung gezogen. Wurde durch den Verkehrsunfall der Tod eines Menschen verursacht, ist auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Verurteilung auf Bewährung zu erkennen. (3) In schweren Fällen wird der Täter mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft. Ein schwerer Fall liegt vor, wenn 1. mehrere Menschen getötet werden; 2. die Handlung auf einer rücksichtslosen Verletzung von Bestimmungen zum Schutz von Leben und Gesundheit oder Eigentum anderer beruht oder der Täter seine Sorgfaltspflichten im gesellschaftlichen Zusammenleben in besonders verantwortungsloser Weise verletzt.« In: Ministerium der Justiz (Hg.): Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik – StGB. Textausgabe mit Sachregister. Berlin 1968, S. 73 f.