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Selbst gefertigte Plakate und Hetzlosungen durch Jugendliche

16. März 1973
Information Nr. 265/73 über die Herstellung und Verteilung selbst gefertigter Plakate mit Hetzlosungen durch zwei Jugendliche im Kreis Perleberg, Bezirk Schwerin

Am 10.3.1973, gegen 24.00 Uhr, wurden an der Eingangstür zum Volkspolizeikreisamt Perleberg, Bezirk Schwerin, acht selbst gefertigte Hetzplakate, die sich inhaltlich gegen die sozialistischen Verhältnisse der DDR richteten, aufgefunden und sichergestellt.

Durch sofort eingeleitete Maßnahmen seitens des MfS wurden die Jugendlichen [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1955, Schüler der zehnten Klasse der Polytechnischen Oberschule II in Perleberg, wohnhaft Perleberg, [Straße, Nr.], gesellschaftlich nicht organisiert und [Name 2, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1955, Fleischerlehrling im VEB Fleischkombinat Schwerin, Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb Perleberg, wohnhaft Perleberg, [Straße, Nr.], organisiert seit 1969 FDJ, seit 1971 FDGB, DSF, GST ermittelt und festgenommen.

Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben:

Der Jugendliche [Name 1, Vorname], der eine feindliche Einstellung zur DDR – insbesondere zu den Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR, zur Jugend-, Bildungs- und Strafpolitik der DDR – besitzt, hatte den Entschluss gefasst, Plakate mit Hetzlosungen zu fertigen und im Stadtgebiet Perleberg zu verbreiten.

Zu diesem Zweck fertigte er unter Verwendung von Zeichenpapier und schwarzer Ausziehtusche acht Hetzplakate in der Größe 60 × 42 cm an.

Der Inhalt dieser Hetzplakate richtet sich entsprechend seiner feindlichen Einstellung gegen Mitglieder der Regierung der DDR, gegen die Grenzsicherungsmaßnahmen, die Sicherheitsorgane der DDR, die Jugend- und Strafpolitik sowie die Publikationsorgane der DDR.

Mit Unterstützung des mit ihm seit längerer Zeit befreundeten [Name 2] versuchte [Name 1], die Hetzplakate in den späten Abendstunden des 10.3.1973 zunächst am Rathaus in Perleberg anzubringen. Da dies misslang, beschloss er, die Plakate am VPKA Perleberg abzulegen.

Im Ergebnis der sofort eingeleiteten Ermittlungen wurden die Täter kurze Zeit später im Stadtgebiet Perleberg festgenommen.

Zum Persönlichkeitsbild des [Name 1] erscheinen folgende Einzelheiten bemerkenswert:

[Name 1] entstammt einer Arbeiterfamilie. Er siedelte im Jahre 1967 mit seinen Eltern – entsprechend deren Antrag, weil sie deutscher Nationalität sind, – und weiteren sechs Geschwistern aus der Volksrepublik Polen in die DDR über, besuchte seit dieser Zeit die Polytechnische Oberschule Perleberg und erreichte bisher durchschnittliche schulische Leistungen. Er ist wie seine Eltern gesellschaftlich nicht organisiert und nahm keinen Anteil an der gesellschaftspolitischen Tätigkeit der Polytechnischen Oberschule.

Der Vater arbeitet als Heizer in einem Neubaugebiet in Perleberg.

Durch den ständigen Empfang westlicher Fernsehsendungen in der elterlichen Wohnung inspiriert, wählte sich [Name 1] nach eigenen Angaben, obgleich er kein Anhänger der Kirche ist, Jesus und Gott »zu seinen Vorbildern« und vertrat die Auffassung, dass alle Menschen »wie Jesus leben« müssten. Im Ergebnis dieser politisch-ideologischen Beeinflussung, vor allem aber durch Sendungen des BRD-Fernsehens, entwickelte sich bei [Name 1] eine feindliche Haltung zur DDR.

Nach seinen eigenen Angaben habe er sich vorgenommen, seine feindliche Einstellung zur Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR gegenüber anderen Personen zu dokumentieren und diese ebenfalls gegen die sozialistischen Verhältnisse in der DDR zu beeinflussen. Daraus sei auch sein Entschluss, Hetzplakate herzustellen und zu verbreiten, entstanden.

[Name 2] entstammt einer kinderreichen Arbeiterfamilie und lebte zuletzt nicht im Haushalt seiner Eltern. Gesellschaftlich trat er bisher nicht aktiv in Erscheinung.

Die Untersuchungen des MfS zur umfassenden Aufklärung der Ursachen, Motive und begünstigenden Bedingungen sowohl im Elternhaus als auch im beruflichen und weiteren Freizeitbereich werden fortgesetzt.

  1. Zum nächsten Dokument Demonstrative Versammlungen im VEB Tiefbau Riesa

    19. März 1973
    Information Nr. 276/73 über demonstrative Versammlungen im Zusammenhang mit der Zahlung von Jahresendprämien im VEB Tiefbau Riesa

  2. Zum vorherigen Dokument Vorbereitungen zur Vollversammlung der Pastoralsynode

    16. März 1973
    Information Nr. 251/73 über einige Vorbereitungen zur Ersten Vollversammlung der Pastoralsynode der katholischen Kirche der DDR in der Zeit vom 22. bis 25. März 1973 in Dresden