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Sicherheit und Ordnung während der Weltfestspiele (4)

28. Juli 1973
4. Information Nr. 721/73 über Probleme und Vorkommnisse der Sicherheit und Ordnung

Am Berichtstag war in allen Bereichen die Sicherheit und Ordnung gewährleistet. Es gab keine schwerwiegenden feindlichen oder negativen Handlungen und Vorkommnisse, die sich störend auf die Durchführung der X. Weltfestspiele,1 die Ankunft, den Transport, die Unterbringung und Versorgung der eingereisten Delegationen auswirken könnten.

Die durchgeführten Veranstaltungen (Kranzniederlegung der sowjetischen Festivaldelegation, Meeting auf dem Leninplatz,2 Freundschaftstreffen mit der DDR-Delegation, Pressekonferenz, Eröffnungsveranstaltung in der Pionierrepublik »Ernst Thälmann«3) verliefen ohne besondere Vorkommnisse.

Alle eingeleiteten Sicherungsmaßnahmen erwiesen sich als zweckmäßig.

Im Berichtszeitraum gab es weitere Hinweise über geplante Aktivitäten und das Auftreten westdeutscher und Westberliner Jugendgruppen.4

In der Führung der »Jungen Union«5 wird nach wie vor das Ziel verfolgt, »irgendeine Provokation« zu starten, um das Festival vorzeitig mit der Argumentation verlassen zu können, es habe »keine Freiheit und Freizügigkeit« gegeben.

Neu bekannt wurde die Absicht maoistischer Organisationen Westberlins,6 am letzten Tag der Weltfestspiele eine Demonstration »gegen den Sowjetimperialismus« in der DDR-Hauptstadt durchzuführen.

Von der Westberliner Polizeiführung ist für die Zeit der X. Weltfestspiele ein gesonderter Einsatzplan erarbeitet worden. Er beinhaltet u. a. eine verstärkte Kontroll- und Beobachtungstätigkeit im gesamten Grenzbereich sowie die Anordnung, alle Aktivitäten der NVA/Grenze mittels foto- und funktechnischer Maßnahmen exakt und beweisfähig zu dokumentieren.

Es würde damit gerechnet, dass es eher an unbelebten Punkten der Grenze zu Zwischenfällen kommen könne, als in den Grenzabschnitten des Stadtzentrums, wo man eine dreifache Sicherung durch NVA, Volkspolizei und sonstige Sicherungskräfte erwarte.

Der bekannte Westberliner Provokateur [Name 1]7 trat in den Nachmittagsstunden des 27.7.1973 mehrmals an der Staatsgrenze auf Westberliner Seite in Erscheinung und führte hetzerische Reden gegen Angehörige der NVA/Grenze. Außerdem kündigte er an, dass »seine Gruppe« am 28.7.1973 über dem Stadion der Weltjugend8 Flugblätter abwerfen werde.9

Im Innern der DDR kam es nur vereinzelt zu feindlichen oder negativen Handlungen, die von geringer Gesellschaftsgefährlichkeit waren.

Entfernung, Beschädigung bzw. Zerstörung von Sichtagitation, Fahnen und Symbolen der X. Weltfestspiele blieben Einzelfälle, ohne Anzeichen einer steigenden Tendenz.

Gewalttätigkeiten und andere Handlungen gegen Delegierte und Teilnehmer wurden nicht bekannt.

Bei der Aufklärung von jugendlichen DDR-Bürgern, die beabsichtigten, Veranstaltungen des Festivals in Berlin durch Inszenierung von Unruhe und Schlägerei zu stören, wurde in Eisenach eine Gruppe von 27 Jugendlichen festgestellt, die seit Frühjahr 1973 ein derartiges Auftreten plante. Von den zuständigen Sicherheitsorganen wurden die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung der geplanten Störmaßnahmen eingeleitet.

Folgende Vorkommnisse sind noch beachtenswert:

An der Rezeption des Hotels »Berolina« (IPZ)10 erfolgte am 27.7.1973 gegen 19.45 Uhr ein anonymer Anruf, demzufolge drei am Alexanderplatz gelagerte Zeitzünderbomben zur Explosion kämen, falls 26 politische Gefangene, die nicht näher bezeichnet wurden, nicht freigelassen würden. Es wurden sofort alle Maßnahmen zur Aufklärung des anonymen Anrufs sowie zur Absicherung eingeleitet.

Zu der am 26.7.1973 gegen 19.25 Uhr im DFF in der Programmvorschau für den DDR-Rundfunk anstelle des Textes »Die Verbrechen des Imperialismus« gezeigten Einblendung »Die Verbrechen des Sozialismus« ergaben die ersten Untersuchungen, dass die Grafikerin des DDR-Fernsehens von [Name 2, Vorname] (31), Mitglied der SED, diese Verwechslung verursachte. Sie wird politisch positiv eingeschätzt. Sie hat unbewusst gehandelt und den Text versehentlich falsch übertragen.

  1. Zum nächsten Dokument Ausschleusungen von Bürgern der DDR und der VR Polen

    28. Juli 1973
    Information Nr. 724/73 über die Verhinderung der Ausschleusung von Bürgern der DDR und der VR Polen nach der BRD

  2. Zum vorherigen Dokument Tunnelflucht nach Westberlin

    28. Juli 1973
    Information Nr. 720/73 über einen schweren Grenzdurchbruch an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin mittels eines Tunnels