Sicherheit und Ordnung während der Weltfestspiele (6)
30. Juli 1973
6. Information Nr. 738/73 über Probleme und Vorkommnisse der Sicherheit und Ordnung
Im Berichtszeitraum waren Sicherheit und Ordnung jederzeit gewährleistet. Die Sicherungsmaßnahmen und der Kräfteeinsatz entsprachen den gegebenen Lagebedingungen.
In Verwirklichung der bekannten Pläne1 haben am 29.7.1973, in der Zeit von 12.00 bis 16.00 Uhr, auf dem Alexanderplatz 35 Mitglieder der »Jungen Union«,2 darunter die der BRD Delegation zu den X. Weltfestspielen3 angehörenden Mitglieder der »Jungen Union«, das »Grundsatzprogramm der Jungen Union« sowie ein Flugblatt mit der Darlegung der mit der Teilnahme der »Jungen Union« verbundenen Absichten dieser Organisation verteilt.4
Die überwiegende Mehrzahl dieser Flugblätter wurde von progressiv auftretenden Jugendlichen sofort demonstrativ vernichtet. In zielgerichteten Diskussionen mit FDJ-Mitgliedern und anderen DDR-Bürgern wurde versucht, die gegnerischen Argumente über Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten. An diesen Aktivitäten waren beteiligt:
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der CDU-Bundestagsabgeordnete Rollmann5 aus Hamburg,
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der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion im Westberliner Abgeordnetenhaus, Lummer,6 sowie
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der Vorsitzende der »Jungen Union« in Westberlin, Landowsky.7
Aufgrund des offensiven Auftretens und des Wirkens der gesellschaftlichen Kräfte der DDR stellten die Mitglieder der »Jungen Union« gegen 16.00 Uhr ihre Aktivitäten ein.
Von Vertretern der »Jungen Union« wurden jedoch für den 30. bzw. 31.7.1973 erneut Flugblattaktionen angekündigt.
Das Zusammenwirken der Sicherheitsorgane mit den gesellschaftlichen Kräften war jederzeit gewährleistet.
Am 29.7.1973 gelangten im Stadtzentrum von weiteren Mitgliedern der BRD-Festivaldelegation in mehreren tausend Exemplaren das Grundsatzprogramm des DGB und des SHB zur Verteilung.
In den späten Abendstunden des 29.7.1973 verbreiteten Jungsozialisten8 auf dem Alexanderplatz Flugblätter, die neben Darlegungen über den Charakter dieser Organisation eine Einladung zur Teilnahme an einer Diskussion am 2.8.1973, 16.00 Uhr, im Nationalen Club der BRD9 in Berlin-Treptow enthalten.
Die Jungsozialisten wollen im Rahmen dieser Veranstaltung mit Jugendlichen aus aller Welt und der gastgebenden Bevölkerung der DDR diskutieren.
Im Berichtszeitraum sind keine die Sicherheit und Ordnung beeinträchtigenden Vorkommnisse aufgetreten.10
Beachtenswert ist, dass von Westberliner Seite aus die provokatorischen Handlungen gegen die Staatsgrenze der DDR weiter anhalten.
(Am 29.7.1973,11 gegen 1.00 Uhr, wurde auf der Westberliner Seite des Potsdamer Platzes am Gerüst der Leuchtschriftanlage des ehemaligen »Studios am Stacheldraht«12 eine zehn Meter lange Losung mit folgendem Inhalt angebracht: »Jugend der Welt, kämpft bis die Mauer fällt!«
Gegen 11.20 Uhr wurde sie durch zwei Westberliner Polizisten entfernt.
Bedingt durch die Orts-, Zeit- und Sichtverhältnisse erreichte die Hetzlosung keine Massenwirksamkeit.
Weitere provokatorische Handlungen beinhalteten das Zerschießen von Lampen und Steinwürfe gegen Grenzsicherungskräfte und Gebäude im Grenzgebiet der DDR.)13
Zu den Hinweisen über einen geplanten Anschlag auf die Botschaft der Republik Italien in der DDR wurde ergänzend bekannt, dass diese Drohung angeblich von palästinensischer Seite erfolgt sei. Die eingeleiteten Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen werden fortgesetzt.14
Am 29.7.1973, gegen 15.45 Uhr, erfolgten beim Chef vom Dienst des DDR-Fernsehens und um 19.25 Uhr beim Objektbeauftragten des Filmtheaters »Camera« anonyme Anrufe, in denen aufgefordert wurde, das Programm bzw. die laufenden Veranstaltungen sofort zu unterbrechen, da Genosse Walter Ulbricht15 verstorben sei.16