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Sitzung des Ordinariats des Bistums Berlin

30. Oktober 1973
Information Nr. 1116/73 über die Sitzung des Ordinariats der Katholischen Kirche des Bistums Berlin am 25. Oktober 1973

Dem MfS wurde intern bekannt, dass es während der Sitzung des Ordinariats der Katholischen Kirche des Bistums Berlin1 am 25.10.1973 zu heftigen Diskussionen über die Einreiseverweigerung für Kardinal Döpfner/Erzbischof2 von München, kam. Döpfner sollte auf Einladung des Ordinariats der Katholischen Kirche des Bistums Berlin an den Hauptfeierlichkeiten zum 200-jährigen Jubiläum der Hedwigs-Kathedrale in der Hauptstadt der DDR, die am 1.11.1973 stattfinden, teilnehmen.3

In der Sitzung des Ordinariats wurde mitgeteilt, das Staatssekretariat für Kirchenfragen der DDR habe die Ablehnung der Einreise Kardinal Döpfners dem Ordinariat gegenüber am gleichen Tag wie folgt begründet:

  • Der Papst hätte Kardinal Döpfner wegen seiner politischen Haltung bereits 1961 von Berlin nach München versetzt.

  • Kardinal Döpfner hätte einen Brief an den Genossen Breschnew4 geschrieben wegen der angeblichen Bedrängnis der Intellektuellen in der Sowjetunion.

  • Kardinal Döpfner hätte bis zum jetzigen Zeitpunkt die Einrichtung apostolischer Administraturen5 in der DDR verhindert.

  • Kardinal Döpfner würde durch seine ständige antisozialistische Haltung gegenüber der DDR auffallen.

Gleichzeitig, so wurde ausgeführt, sei dem Ordinariat gegenüber der Wunsch ausgesprochen worden, zusätzlich zu den vom Ordinariat an den Staatsapparat übergebenen Einladungen für den von Kardinal Bengsch6 angesetzten Empfang anlässlich des Jubiläums weitere zwei Einladungen zu übergeben. Vonseiten des Staatsapparates sei vorgesehen, dass am Empfang des Kardinals Staatssekretär Seigewasser,7 sein Stellvertreter Flint8 und sein Mitarbeiter Paetzke9 sowie Oberbürgermeister Fechner,10 Stadtrat Helbig11 und der Stellvertreter der Abteilung Inneres Weber12 teilnehmen.

Diese zusätzlichen zwei Einladungen wurden dem Staatsapparat vom Ordinariat zugesichert.

In der Sitzung des Ordinariats wurde dann mitgeteilt, das Ordinariat sei vom Staatsapparat in Kenntnis gesetzt worden, dass der Staatssekretär für Kirchenfragen beabsichtige, die anlässlich der 200-Jahr-Feier anwesenden Gäste zu versammeln und ihnen zu Ehren einen Empfang zu geben.

Nach einer erregten Diskussion zu den angeführten Fragen bestand unter den Teilnehmern der Sitzung des Ordinariats Übereinstimmung, dass es unter den gegebenen Umständen – Ablehnung der Einreise Kardinal Döpfers – einen Empfang des Staatssekretärs für Kirchenfragen nicht geben könne.

Es sei damit zu rechnen, dass sich die anwesenden ausländischen Vertreter mit Kardinal Döpfner solidarisieren und aus diesem Grunde eine Teilnahme an einem solchen Empfang ablehnen.

Ausführlich wurde beraten, wie Kardinal Döpfner gegenüber die Ablehnung der Einreise begründet werden solle. Nach Meinung der Sitzungsteilnehmer könne man Döpfner die vom Staatsapparat genannten Gründe nicht mitteilen, da sie »schlecht durchdacht« seien. Die Teilnehmer einigten sich, Kardinal Döpfner mitzuteilen, die Ablehnung sei erfolgt, da er »mehrfach gegen die Interessen der DDR aufgetreten« sei.

Die Anwesenden betonten, die Ablehnung der Einreise könne Döpfner Anlass zu einer Anfrage an die Bonner Regierung bezüglich der Einhaltung der mit der DDR geschlossenen Verträge sein.13 Es sei zu erwarten, dass auf Veranlassung Döpfners in westlichen Publikationsorganen eine Kampagne gegen die Entscheidung des Staatsapparates der DDR eingeleitet würde, in der »nachgewiesen wird«, dass sich die DDR nicht an Geist und Buchstaben der Verträge halte.

Während der Sitzung des Ordinariats wurde weiter festgelegt, dass Kardinal Bengsch, der sich zurzeit in Rom befindet, von der Ablehnung der Einreise Döpfners informiert wird.

In diesem Zusammenhang wurde von den Anwesenden befürchtet, dass Kardinal Rossi,14 Leiter der Propagandafide des Vatikans, seine Einladung zum Jubiläum nicht wahrnimmt.

Diese Information darf wegen Quellengefährdung nicht öffentlich ausgewertet werden.

  1. Zum nächsten Dokument Feindlich-subversive Tätigkeit

    [ohne Datum]
    Zu einigen Aspekten der feindlichen subversiven Tätigkeit [Bericht K 2/43]

  2. Zum vorherigen Dokument Katholischer Einwand gegen Artikelserie

    26. Oktober 1973
    Information Nr. 1105/73 über einen geplanten Einwand gegen die Artikelserie »Geheimnisse aus dem Beichtstuhl« des »Horizont« im katholischen »St. Hedwigsblatt«