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Umsturz eines Teleskopkranes auf technischer Messe Leipzig

16. März 1973
Information Nr. 233/73 über den Umsturz eines Teleskopkranes der westdeutschen Firma Rheinstahl/Dortmund auf dem Gelände der Technischen Messe in Leipzig am 13. März 1973

Am 13.3.1973, gegen 13.30 Uhr, kam es auf dem Freiflächenstand der westdeutschen Firma Rheinstahl/Dortmund1 während einer Vorführung zum Umstürzen eines 40-t-Teleskopkranes vom Typ RT 104, wobei dieser erheblich beschädigt wurde.2

Die Havarie ereignete sich, als der Kran ohne Belastung, jedoch mit ausgefahrenem Ausleger und bei Bewegung des Lastenseiles und der Raupenketten auf die Hydraulikstützen gestellt wurde, die dabei linksseitig ins Erdreich absackten.

Dabei wurde der DDR-Bürger [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1929, wohnhaft Ebersbach, Kreis Döbeln, durch ein Kranseil schwer verletzt.

Er musste in die Orthopädische Klinik Leipzig zur Untersuchung und Überwachung eingeliefert werden. Lebensgefahr besteht nicht.

Der eingetretene Sachschaden ist nicht exakt bekannt. Nach groben Schätzungen dürfte er über 50 TDM betragen.

Die Untersuchungen zur Ursache des Kranumsturzes, die in Zusammenarbeit mit der VP, der Technischen Überwachung und der Staatlichen Bauaufsicht geführt werden, sind gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.3

Nach den bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen kann jedoch bereits jetzt eingeschätzt werden, dass die Firma Rheinstahl den Kran auf dem Messegelände in fahrlässiger Weise betrieben und gegen die gesetzlichen Bestimmungen der DDR (ASB 9084), insbesondere gegen die Messeordnung des Leipziger Messeamtes,5 verstoßen hat.

Das trifft insbesondere auf die Aufbaubestimmung des Leipziger Messeamtes, Punkt 4.4, zu,6 wo gefordert wird, dass bei Gründungsarbeiten und Vorführungen von Geräten, die den Boden angreifen, aufnehmen oder in anderer Form beschädigen, vor Beginn der Arbeiten die schriftliche Genehmigung des Leipziger Messeamtes einzuholen ist.

Eine solche Genehmigung wurde durch die Firma Rheinstahl nicht beantragt. Bei der Beantragung des Freiflächenstandes wurden ebenfalls keine besonderen Forderungen erhoben.

Auch die ungenügenden fachlichen Kenntnisse des Kranfahrers [Name 2] – er kennt die genaue Bedienungsanweisung für den Kran nicht – deuten darauf hin, dass die Firma Rheinstahl den Sicherheitserfordernissen nicht die notwendige Beachtung geschenkt hat.

(Der Fahrer ist von Beruf Bergmann, war zwölf Jahre als Kraftfahrer und ist seit zweieinhalb Jahren als Kranfahrer beschäftigt. Er hat als Kranfahrer keine besonderen Eignungsprüfungen abgelegt und ist nicht im Besitz eines derartigen Befähigungsnachweises.)

Hinzu kommt weiter, dass durch die westdeutsche Firma Rheinstahl zum Zeitpunkt des Umsturzes nicht, wie es das Prospekt vorsieht, Abstützplatten für die Hydraulikstützen in den Maßen von 669 × 924 mm verwendet wurden. Die benutzten Platten wiesen nur Ausmaße von 300 × 420 mm auf. Dadurch wurde dem Eindringen der Hydraulikstützen in das Erdreich nicht entgegengewirkt. Dies ist umso unverständlicher, da bereits beim ersten Versuchstest am 10.3.1973 ein Eindringen ins Erdreich festgestellt wurde.

Vonseiten der Firma Rheinstahl wurde der Kran daraufhin lediglich einen Meter weitergefahren. Dort wurden die Versuche bzw. Vorführungen fortgesetzt. Nach der 16. Vorführung trat der Umsturz ein. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die westdeutsche Ausstellerfirma Eisengroßhandel Zeitelhack/Schwaig bei Nürnberg, die in unmittelbarer Nähe der Firma Rheinstahl ausstellt, nach der Havarie vom Leipziger Messeamt gefordert hat, die Firma Rheinstahl zu entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen zu veranlassen.

Zur weiteren Aufklärung der Umstände der Havarie werden gegenwärtig insbesondere folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Untersuchungen aller technischen Details und Probleme des Teleskopkranes, die mit dem Umsturz in Verbindung stehen können, wobei vor allem herausgearbeitet werden soll, ob der Kran in der Stellung, in der er sich zum Zeitpunkt des Umsturzes befand, überhaupt bewegt werden durfte.

    Durch die wird hierzu ein entsprechendes Gutachten gefertigt.

  • Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit durch die Staatliche Bauaufsicht Leipzig, um der Firma Rheinstahl zu beweisen, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen der DDR und die Betriebsanweisungen des Messeamtes missachtet hat.

  1. Zum nächsten Dokument Vorbereitungen zur Vollversammlung der Pastoralsynode

    16. März 1973
    Information Nr. 251/73 über einige Vorbereitungen zur Ersten Vollversammlung der Pastoralsynode der katholischen Kirche der DDR in der Zeit vom 22. bis 25. März 1973 in Dresden

  2. Zum vorherigen Dokument Flugblattverteilung an Angehörige der Reichsbahn Westberlin

    14. März 1973
    Information Nr. 268/73 über das Verbreiten von Flugblättern an Angehörige der Deutschen Reichsbahn in Westberlin