Ungesetzlicher Grenzübertritt durch Westberliner
22. Mai 1973
Information Nr. 466/73 über den ungesetzlichen Grenzübertritt Westberlin – DDR durch einen Westberliner Bürger am 19. Mai 1973
Am 19.5.1973, gegen 3.45 Uhr, verübte der Bürger Westberlins Slawinski, Walter,1 geboren [Tag, Monat] 1929, wohnhaft Berlin-West 61 (Kreuzberg), [Straße, Nr.], zuletzt tätig als Bauarbeiter bei der Firma Bleck und Söhne in Westberlin, geschieden, sechs Kinder, [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben], Mitglied der SPD seit September 1972 in Berlin-Mitte, Grenzabschnitt Dresdner Straße, von Westberlin kommend einen ungesetzlichen Grenzübertritt in die Hauptstadt der DDR.
Der Grenzverletzer stand unter starkem Alkoholeinfluss. Beim Übersteigen der Grenzmauer zog sich Slawinski am linken Fuß eine leichte Verletzung (Verstauchung) zu.
Die Festnahme des Slawinski durch die Grenzsicherungskräfte der NVA erfolgte ohne Widerstand und ohne Anwendung der Schusswaffe.
Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben zweifelsfrei, dass die von der Westberliner Springer-Presse2 verbreiteten Meldungen über dieses Vorkommnis unwahr sind und im völligen Gegensatz zu den festgestellten Tatsachen stehen.3
Am 18.5.1973 begab sich Slawinski gegen 17.30 Uhr in sein Stammlokal »Probierstube«, Westberlin-Kreuzberg, Dresdener Straße, wo er eine größere Menge Alkohol zu sich nahm. Er erklärte selbst, dass er infolge dieses Alkoholgenusses stark betrunken war.
Nach Verlassen der Gaststätte gegen 1.30 Uhr suchte Slawinski die Wohnung seiner seit 1953 geschiedenen Ehefrau, mit der er wieder in einer Kameradschaftsehe zusammenlebt, auf.
Wie Slawinski aussagt, habe er sich in der unmittelbar an der Staatsgrenze zur DDR gelegenen Wohnung seiner Ehekameradin entschlossen, die Staatsgrenze zur Hauptstadt der DDR zu durchbrechen, und teilte dies auch seiner Ehekameradin mit.
Daraufhin habe diese versucht, ihn von dem Vorhaben abzubringen.
Ungeachtet der Reaktion seiner Lebenskameradin begab er sich dann von der Wohnung zur Staatsgrenze.
Beim Absprung von der Grenzmauer auf das Territorium der DDR verstauchte er sich den Fuß.
In diesem Zustand wurde der Slawinski ohne Anwendung der Schusswaffe oder irgendwelcher körperlicher Gewalt aus dem Grenzgebiet heraus und dem VP-Krankenhaus zur Blutprobenentnahme und zur medizinischen Versorgung der Verstauchung zugeführt.
Die Untersuchungen ergaben, dass Slawinski zur Zeit der Tat infolge übermäßigen Alkoholgenusses zurechnungsunfähig war.
Slawinski wird deshalb am 22.5.1973 gegen 17.00 Uhr nach Westberlin abgeschoben.
4Soweit es in den Gesprächen mit Bahr5 bzw. Kunze6 für erforderlich erachtet wird, könnte dieses Vorkommnis in geeigneter Form ausgewertet und gegen den Missbrauch solcher Elemente und ihrer Handlungen zur Hetze gegen die DDR Stellung genommen werden.7