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Verhinderte Pkw-Ausschleusungen von DDR-Bürgern

1. Oktober 1973
Information Nr. 1000/73 über die Verhinderung der Ausschleusung von Bürgern der DDR in die BRD

1. Am 30.9.1973, gegen 20.35 Uhr, wurde an der Grenzübergangsstelle Marienborn – Autobahn – der im Transitverkehr von Berlin (West) in die BRD reisende Bürger der BRD [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1928, selbstständiger Vertreter für Mobilien und Inneneinrichtungen, wohnhaft Darmstadt, [Straße, Nr.], beim Versuch, unter Missbrauch des Transitabkommens1 im Kofferraum des von ihm gesteuerten Pkw »NSU Audi«, amtliches Kennzeichen DM – CD 787, versteckt, den DDR-Bürger Fernengel, Dietmar,2 geboren am [Tag, Monat] 1943, Fotograf/wissenschaftlicher Mitarbeiter beim SC DHfK Leipzig, wohnhaft Leipzig, [Straße, Nr.], nach der BRD auszuschleusen, festgenommen.

Gegen [Name 1] wurden gemäß § 105 StGB – Staatsfeindlicher Menschenhandel3 – und gegen Fernengel gemäß § 213 StGB – Ungesetzlicher Grenzübertritt4 – Ermittlungsverfahren eingeleitet und auf gleicher Rechtsgrundlage Haftbefehle erwirkt.

2. Am 1.10.1973, gegen 3.15 Uhr, wurde an der Grenzübergangsstelle Hirschberg der als Transitreisender von Berlin (West) nach der BRD reisende Einwohner Westberlins, [Name 2, Vorname 1], geboren am [Tag, Monat] 1941 Konditormeister bei der Firma Lofak in Westberlin,5 wohnhaft Berlin (West) 44, [Straße, Nr.], bei dem Versuch, unter Missbrauch des Transitabkommens seine Ehefrau, die Bürgerin der DDR [Name 2, Vorname 2], geboren am [Tag, Monat] 1943, Serviererin im Kurhaus Klotzsche, wohnhaft Dresden, [Straße, Nr.], sowie die Kinder [Name 2, Vorname 3], geboren am [Tag, Monat] 1968 und [Name 2, Vorname 4], geboren am [Tag, Monat] 1969, im Kofferraum des von ihm gesteuerten Pkw »Ford Capri«, amtliches Kennzeichen B – JL 920, versteckt in die BRD auszuschleusen, festgenommen.

Gegen [Name 2, Vorname 1] und dessen Ehefrau wurden gemäß § 213 StGB – Ungesetzlicher Grenzübertritt – Ermittlungsverfahren eingeleitet und auf gleicher Rechtsgrundlage Haftbefehle erwirkt.

Die Kinder [Vorname 3] und [Vorname 4 Name 2] werden in einem staatlichen Kinderheim in Dresden untergebracht.

Die Untersuchungen werden durch das MfS fortgesetzt.

  1. Zum nächsten Dokument Forderung zur Änderung der Grenzsicherungsanlagen der DDR

    3. Oktober 1973
    Information Nr. 1003/73 über den Versand einer schriftlichen Aufforderung durch den »Bund der Mitteldeutschen« (BMD) e.V., Bonn, zur »Änderung der Grenzsicherungsanlagen der DDR«
  2. Zum vorherigen Dokument Zusammenwirken des MfS und der Organe des MfNV

    [ohne Datum]
    Übersicht über Probleme des Zusammenwirkens der Organe des Ministeriums für Staatssicherheit mit der Verwaltung Aufklärung und anderen Organen des Ministeriums für Nationale Verteidigung [Bericht K 2/5]

  1. Das am 3.6.1972 in Kraft getretene Transitabkommen regelte den Schifffahrts-, Bahn- und Straßenverkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin. Ziel war eine schnellere und humanere Durchführung der Grenzkontrollen und Visavergaben. Der Verkehrsvertrag war die erste Vereinbarung, die im Rahmen der Entspannungspolitik der Regierung Brandt/Scheel auf Regierungsebene zwischen der Bundesrepublik und der DDR abgeschlossen wurde. Vgl. Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) v. 3.6.1972. In: GBl. II 1972, S. 349–354.

  2. Dietmar Fernengel, Jg. 1943, Fotograf und Unternehmer, bis 1973 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Fotograf beim SC DHfK Leipzig, später Unternehmer in Baden-Baden.

  3. Der § 105 StGB – Staatsfeindlicher Menschenhandel – lautete: »Wer es (1) mit dem Ziel, die Deutsche Demokratische Republik zu schädigen; (2) in Zusammenhang mit Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen, die einen Kampf gegen die Deutsche Demokratische Republik führen, oder, mit Wirtschaftsunternehmen oder deren Vertretern unternimmt, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik in außerhalb ihres Staatsgebietes liegende Gebiete oder Staaten abzuwerben, zu verschleppen, auszuschleusen oder deren Rückkehr zu verhindern, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.« In: Ministerium der Justiz (Hg.): Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik – StGB. Textausgabe mit Sachregister. Berlin 1968, S. 46.

  4. Der § 213 StGB – Ungesetzlicher Grenzübertritt – lautete: »(1) Wer widerrechtlich in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik eindringt oder sich darin widerrechtlich aufhält, die gesetzlichen Bestimmungen oder auferlegte Beschränkungen über Ein- und Ausreise, Reisewege und Fristen oder den Aufenthalt nicht einhält oder wer durch falsche Angaben für sich oder einen anderen eine Genehmigung zum Betreten oder Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik erschleicht oder ohne staatliche Genehmigung das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verlässt oder in dieses nicht zurückkehrt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder öffentlichem Tadel bestraft. (2) In schweren Fällen wird der Täter mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft. Ein schwerer Fall liegt insbesondere vor, wenn 1. die Tat durch Beschädigung von Grenzsicherungsanlagen oder Mitführen dazu geeigneter Werkzeuge oder Geräte oder Mitführen von Waffen oder durch die Anwendung gefährlicher Mittel oder Methoden durchgeführt wird; 2. die Tat durch Missbrauch oder Fälschung von Ausweisen oder Grenzübertrittsdokumenten, durch Anwendung falscher derartiger Dokumente oder unter Ausnutzung eines Verstecks erfolgt; 3. die Tat von einer Gruppe begangen wird; 4. der Täter mehrfach die Tat begangen oder im Grenzgebiet versucht hat oder wegen ungesetzlichen Grenzübertritts bereits bestraft ist. (3) Vorbereitung und Versuch sind strafbar.« In: Ministerium der Justiz (Hg.): Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik – StGB. Textausgabe mit Sachregister. Berlin 1968, S. 79.

  5. Eine Firma »Lofak« konnte nicht ermittelt werden.