Verhinderung eines Grenzdurchbruches an der GÜST Marienborn
21. April 1973
Information Nr. 382/73 über die Verhinderung eines gewaltsamen Grenzdurchbruches DDR – BRD an der Grenzübergangsstelle Marienborn am 21. April 1973
Am 21.4.1973, gegen 1.15 Uhr, wurden an der Grenzübergangsstelle Marienborn die DDR-Bürger [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1950, wohnhaft Schernsdorf, Eisenhüttenstadt, [Straße, Nr.], ohne Beruf, laut bisherigen Ermittlungen tätig gewesen in der Straßenmeisterei Eisenhüttenstadt, Woitke, Fred,1 geboren [Tag, Monat] 1949, wohnhaft Eisenhüttenstadt, [Straße, Nr.], Beruf Zimmermann und [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1952, wohnhaft Mixdorf, Eisenhüttenstadt, [Straße, Nr.], Beruf Agrotechniker beim Versuch, mit dem Lkw, Typ W 50, polizeiliches Kennzeichen EC 23 – 89, die Staatsgrenze der DDR zur BRD gewaltsam zu durchbrechen, nach Schusswaffenanwendung durch Sicherungskräfte der NVA-Grenztruppen festgenommen.2
Im Ergebnis der Schusswaffenanwendung wurden [Name 1] und [Name 2] schwer verletzt.
Die bisherigen Untersuchungen des MfS ergaben:
Am 21.4.1973, gegen 1.15 Uhr, wurde dem Kommandanten der Grenzübergangsstelle Marienborn durch Information der VP-Posten am VP-Kontrollpunkt Autobahn-Marienborn bekannt, dass ein Lkw, Typ W 50, den Kontrollpunkt mit hoher Geschwindigkeit durchbrochen hatte.
Durch den Kommandanten der GÜST wurden im engen Zusammenwirken mit der Passkontrolleinheit des MfS3 und dem Grenzzollamt sofort alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung eines gewaltsamen Grenzdurchbruches eingeleitet. Sofort nach Auslösung der Alarmanlage der Grenzübergangsstelle durchbrach der Lkw mit ca. 80 km/h den ersten Schlagbaum an der Einfahrt zur Grenzübergangsstelle sowie die mit Seilsperre gesicherte Kontrolllinie des Grenzzollamtes und fuhr mit weiterhin hoher Geschwindigkeit in Richtung Staatsgrenze. Der Lkw prallte auf die in unmittelbarer Nähe der Grenzlinie ausgefahrene Rollsperre auf und stürzte um, wobei sich der Woitke tödliche Verletzungen zuzog.
Die Insassen des Lkw unternahmen sofort den Versuch zu fliehen. Nach Schusswaffenanwendung der Sicherungskräfte der NVA-Grenztruppen erfolgte die Festnahme der Täter. [Name 1] und [Name 2] wurden in das Bezirkskrankenhaus Magdeburg-Altstadt eingeliefert. Sie sind nach bisherigen ärztlichen Angaben aufgrund der Verletzungen noch nicht vernehmungsfähig.
Zum Zeitpunkt des versuchten gewaltsamen Grenzdurchbruches befanden sich im Gelände der Grenzübergangsstelle zur Abfertigung in der Einreise neun Pkw, davon sieben Pkw im Transit nach Westberlin und zwei Pkw in der Einreise in die DDR. In der Ausreiseabfertigung befanden sich keine Fahrzeuge.
Es entstand kein Personen- oder Sachschaden bei den in der Einreiseabfertigung befindlichen Reisenden.
Aufgrund des Vorkommnisses wurde ab 1.15 Uhr bis 3.55 Uhr die GÜST Marienborn/A.4 für den Reiseverkehr gesperrt.
Der Reiseverkehr war zu dieser Zeit sehr schwach.
Nach Wiedereröffnung der Grenzübergangsstelle um 3.55 Uhr befanden sich 150 Pkw und drei Lkw im westlichen Vorfeld, die zur Einreiseabfertigung kamen.
Die Ein- und Ausreise des Verkehrs wurde über die Südbahn der Autobahn der GÜST aufgenommen. Die Nordbahn bleibt vorübergehend bis zum Abtransport des umgestürzten Lkw für den Verkehr gesperrt und wird gegen 9.00 Uhr wieder freigegeben werden.
Durch die Beobachtung des westlichen Vorfeldes konnte unmittelbar nach der Verhinderung des gewaltsamen Grenzdurchbruches eine aktive Aufklärungstätigkeit des BGS festgestellt werden, die sich ständig mit einem Fahrzeug in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze bewegten.
Im Zusammenwirken der Kontroll- und Sicherungskräfte der NVA, der Zollverwaltung und des MfS wurden alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um den weiteren grenzüberschreitenden Osterverkehr – insbesondere die Abfertigung zu den Schwerpunktzeiten (Sonnabend- und Sonntagabend) – zügig und reibungslos abzuwickeln.
Die Untersuchungen des MfS zur umfassenden Aufklärung der Ursachen, Umstände und Motive des versuchten gewaltsamen Grenzdurchbruches sowie der Täterpersönlichkeiten werden fortgesetzt.