Verkehrsunfall auf der Autobahn Leipzig– Berliner Ring
14. November 1973
Information Nr. 1166/73 über den schweren Straßenverkehrsunfall auf der Autobahn Leipzig – Berliner Ring am 6. November 1973
Am 6.11.1973, gegen 17.30 Uhr, verunglückten auf der Autobahn Leipzig – Berliner Ring am Kilometer 9,16 in Richtung Berlin, 300 m vor der Autobahnabfahrt Beelitz, alle Insassen des Pkw Typ Wolga, polizeiliches Kennzeichen IB 19 – 36, infolge eines Auffahrunfalls auf einen Schwerlasttransport tödlich.
Bei den tödlich Verunglückten handelt es sich um Jarusek, Oldrich,1 geboren [Tag, Monat] 1913, wohnhaft Brno, ČSSR, [Straße, Nr.], Bürger der ČSSR, Stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift »Tribunas« beim ZK der KPČ; Heiden, Richard,2 geboren [Tag, Monat] 1922, wohnhaft Berlin-Schöneweide, [Straße, Nr.], Sektorenleiter beim ZK der SED; Rohacek, Franz,3 geboren [Tag, Monat] 1915, wohnhaft Zwickau, [Straße, Nr.], freischaffender Dolmetscher und Journalist; Schneller, Peter,4 geboren [Tag, Monat] 1948, wohnhaft Berlin-Weißensee, [Straße, Nr.], Reisefahrer beim ZK der SED.
Die durch das MfS im Zusammenwirken mit der Deutschen Volkspolizei und dem Gerichtsmedizinischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin geführten Untersuchungen ergaben:
Entsprechend dem vorgesehenen Reiseprogramm begaben sich die später tödlich Verunglückten am 6.11.1973 um 8.30 Uhr mit dem politischen Mitarbeiter der SED-Bezirksleitung Halle, Genossen [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1939, wohnhaft Halle, [Straße, Nr.], vom Gästehaus der Bezirksleitung aus mit dem Pkw Wolga zur SED-Kreisleitung Nebra und im Weiteren zur Sektkellerei und Winzereigenossenschaft Freyburg/Unstrut.
Von dort kehrten die Genossen gegen 14.50 Uhr in das Gästehaus der SED-Bezirksleitung Halle zurück.
Nach der Einnahme eines Essens traten die Genossen Jarusek, Heiden, Rohacek mit dem Kraftfahrer Schneller gegen 16.30 Uhr, entgegen dem Reiseprogramm – mit 30 Minuten Zeitverzug, die Rückreise nach Berlin an.
Am Kilometer 9,16 der Autobahn Leipzig – Berliner Ring, 300 m vor der Autobahnabfahrt Beelitz, fuhr der Pkw ungebremst auf den Tieflader eines in der rechten Fahrspur der Autobahn mit ca. 25 km/h fahrenden und wegen Motorschadens an der Zugmaschine abgeschleppten Schwerlasttransportes des VEB Tief- und Wasserbau, 116 Berlin, An der Wuhlheide 240, auf.
Der Schwerlasttransport bestand in der Reihenfolge aus
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dem Schleppfahrzeug, Kranwagen Typ Faun, Halter VEB Kombinat Autotrans, 113 Berlin, Siegfriedstraße 49–53,
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der wegen Motorschadens abgeschleppten Zugmaschine, Lkw Typ Tatra, Halter VEB Tief- und Wasserbau Berlin,
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einem Tiefladefahrzeug, beladen mit einem Ziehgerät, Halter VEB Tief- und Wasserbau Berlin.
Nach zeugenschaftlichen Aussagen und gutachterlichen Feststellungen war zum Zeitpunkt des Auffahrunfalls der Schwerlasttransport ordnungsgemäß neben den vorgeschriebenen Rückleuchten mit einer zusätzlichen Rückleuchte am Transportgut (Ziehgerät) des Tiefladers sowie mit je einer gelben Rundumleuchte auf der Zugmaschine des Tiefladers und dem schleppenden Kranwagen beleuchtet.
Zum Zeitpunkt des Auffahrunfalls bestanden normale Sichtverhältnisse. Entsprechend der an diesem Abschnitt der Autobahn geraden Streckenführung war die Erkennbarkeit des Schwerlasttransportes gewährleistet.
Aus der Untersuchung des Unfallortes und den Aussagen der Fahrer und Beifahrer des Schwerlasttransportes, die beim Auffahren des Pkw Wolga einen starken Ruck wahrnahmen und daraufhin ihre Fahrzeuge sofort abbremsten, ergibt sich, dass der von Schneller gesteuerte Pkw Wolga ungebremst und mit hoher Geschwindigkeit auf den vor ihm fahrenden Schwerlasttransport auffuhr.
Die Berechnung der Fahrzeit vom Gästehaus der SED-Bezirksleitung bis zum Unfallort von ca. 60 Minuten und der Fahrstrecke von ca. 110 km ergibt unter Berücksichtigung von drei auf diesem Autobahnabschnitt bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen eine durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit des Pkw Wolga von 120 km/h.
Die sorgfältige kraftfahrzeugtechnische Untersuchung und Begutachtung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge ergaben keine Mängel auf betriebs- und verkehrssicheren Zustand, die mitursächlich oder begünstigend für das Unfallereignis sein könnten.
Die im Gerichtsmedizinischen Institut der Humboldt-Universität erfolgte Obduktion der Unfalltoten Jarusek und Schneller ergab, dass sich deren Verletzungen in das Unfallgeschehen einordnen und ein Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Todeseintritt gegeben ist.
Genosse Jarusek verstarb an Schädelbrüchen und Hirnprellungsherden. Bei dem Genossen Schneller wurden als Todesursachen die Abtrennung der Halswirbelsäule vom Schädel, die Durchtrennung der großen Körperschlagader und das Zerreißen der großen Lungenschlagader festgestellt. Die durchgeführte Blutalkoholbestimmung verlief negativ. Die Genossen Heiden und Rohacek verstarben an Schädelfrakturen.
Aus den insgesamt geführten Untersuchungen ergibt sich, dass der schwere Straßenverkehrsunfall durch nicht mehr näher bestimmbares menschliches Versagen des Fahrers des Pkw Wolga, Genossen Schneller, verursacht wurde.
Andere Unfallursachen und begünstigende Bedingungen, außer der unangemessenen Geschwindigkeit, wurden nicht festgestellt.