Vorkommnis mit einem sowjetischen Armeeangehörigen
6. August 1973
Information Nr. 770/73 über ein Vorkommnis mit einem sowjetischen Armeeangehörigen am 3. August 1973
Am 3.8.1973, gegen 21.00 Uhr, wurde durch Grenzsicherungskräfte der NVA der sowjetische Armeeangehörige [Name, Vorname], Fähnrich der Sowjetarmee bei der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, Standort Elstal, im Grenzabschnitt Staaken, ca. 700 Meter von der Staatsgrenze entfernt, durch Anwendung der Schusswaffe (Durchschuss des linken Sprunggelenkes) festgenommen. Der Verletzte wurde nach erster Hilfeleistung sofort in den Medizinischen Punkt des Grenzregiments 34 überführt und nach erfolgter ärztlicher Behandlung in das sowjetische Militärhospital Elstal gebracht.
Die in diesem Zusammenhang durch das MfS geführten Untersuchungen ergaben, dass sich der sowjetische Armeeangehörige in Zivil mit einem Fahrrad auf der in einer Entfernung von ca. 100 bis 150 m parallel zur Grenzlinie verlaufenden und noch nicht zum unmittelbaren Grenzsperrgebiet gehörenden Straße (sogenannter Ahlbeerensteig in Staaken) bewegte.
Als sich der sowjetische Armeeangehörige bis auf ca. 60 m den Grenzsicherungskräften der NVA, die ca. 150 m von der Staatsgrenze entfernt zur Vorfeldsicherung am sogenannten Torweg (Querweg des Ahlbeerensteiges) eingesetzt waren, genähert hatte, wendete er und fuhr zurück.
Auf dem Rückweg bog er nach links in die Verlängerung des sogenannten Eichholzhahnweges ein, der unmittelbares Grenzsperrgebiet darstellt und direkt zur Grenzlinie führt. Er wurde von dem dort befindlichen Zugführer, Hautpmann Wetzlich,1 und dem zwischenzeitlich am Ereignisort eingetroffenen Gruppenführer, Unteroffizier Rohne,2 gestellt und aufgefordert, stehenzubleiben und sich auszuweisen.
Der sowjetische Armeeangehörige kam dieser Aufforderung nach und antwortete im gebrochenen Deutsch, dass er kein Dokument habe, sodass von den Grenzsicherungskräften angenommen wurde, dass es sich bei dieser Person um einen polnischen oder sowjetischen Bürger handeln kann.
Bei dem Versuch, den sowjetischen Armeeangehörigen nach der erfolgten Festnahme aus dem Sichtfeld gegnerischer Kräfte von Berlin (West) zu führen, flüchtete er mit dem Fahrrad in das Hinterland. Nachdem er nach ca. 400 m Verfolgung durch den Zugführer, Hauptmann Wetzlich, gestellt und zu Fall gebracht werden konnte, entzog er sich wiederum der Festnahme und flüchtete zu Fuß weiter, wobei die in diesem Abschnitt vorhandenen Gartengrundstücke die Flucht begünstigten und die Verfolgung erschwerten.
Da die Grenzsicherungskräfte der NVA in dieser Situation nicht mehr in der Lage waren, den sowjetischen Armeeangehörigen einzuholen und zu stellen, entschloss sich der verantwortliche Zugführer, Hauptmann Wetzlich, die Schusswaffe anzuwenden.
Er gab zwei gezielte Pistolenschüsse ab, in deren Ergebnis die Festnahme des sowjetischen Armeeangehörigen erfolgte.
Bei der ersten Hilfeleistung äußerte sich der Verletzte in russischer Sprache, sodass erst von diesem Zeitpunkt an durch die Grenzsicherungskräfte der NVA der Grenzverletzer als sowjetischer Bürger erkannt wurde.
Die zuständigen sowjetischen Militärorgane wurden sofort verständigt, die die weiteren Untersuchungen führen.