Widerrechtliche Festnahme eines Schrankenwärters
15. August 1973
Information Nr. 800/73 über widerrechtliche Handlungen der Westberliner Polizei auf dem Territorium der DDR in Westberlin
Am 9.8.1973, 16.01 Uhr, verursachte der Angehörige der DR [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1954 in Berlin, wohnhaft Berlin (West) 21, [Straße, Nr.], Schrankenwärter eine Zuggefährdung, indem er die für den S-Bahnzug PS 3586, Umlauf 3/5, geschlossene Schranke des Bahnübergangs Marienfelder Allee (Schrankenposten neun) vorzeitig öffnete.1
Das vorzeitige Öffnen der Bahnschranke bewirkte, dass Straßenfahrzeuge bereits wieder anfuhren, als sich der S-Bahnzug dem Bahnübergang näherte.
Durch eine Schnellbremsung konnte der Triebwagenführer den S-Bahnzug noch vor dem Bahnübergang zum Stehen bringen.
Der Schrankenwärter [Name] handelte nach seinen bisherigen Angaben aus Unaufmerksamkeit. Er ließ sich durch das Passieren von zwei S-Bahnzügen, die sich etwa in Höhe des Bahnüberganges kreuzen, für einen kurzen Moment irritieren.
Erst an der Reaktion der Passanten des Bahnübergangs will er erkannt haben, dass er etwas falsch gemacht haben muss.
Etwa 16.20 Uhr erschienen am Bahnübergang Angehörige der Westberliner Polizei und führten Untersuchungen zum Hergang der Zuggefährdung.
Gegen 17.40 Uhr nahmen Angehörige der Westberliner Schutzpolizei [Name], der bereits um 16.35 Uhr von seinem Dienstposten abgelöst worden war, auf dem Reichsbahngelände fest und überführten ihn zur Polizeiwache 203 (Steglitz).
Die Festnahme begründeten die Westberliner Polizeiangehörigen damit, bei [Name] einen Alkoholtest durchführen zu müssen.
Die Festnahme des [Name] erfolgte unter Protest der zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Untersuchung beschäftigten Angehörigen der Bahnpolizei.2
Nach Angaben von [Name] habe er während des Aufenthaltes auf der Polizeiwache 203, der bis 20.30 Uhr dauerte, in der Befragung nur Angaben zu seiner Person gemacht, nicht jedoch zum Sachverhalt.
Durch das Transportpolizei-Amt II Berlin3 wurde am 10.8.1973 gegen [Name] ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährdung der Sicherheit im Verkehr der Bahn, Luftfahrt und Schifffahrt – § 197 StGB4 – eingeleitet.
Das Ermittlungsverfahren wurde am 13.8.1973 dem Generalstaatsanwalt der DDR zugestellt.
Die Übergabe des Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft von Westberlin ist vorgesehen.